Unbegleitete Minderjährige 6500 Flüchtlingskinder werden von Polizei gesucht

Berlin · Das BKA hat Zahlen zu Vermisstenfällen unter unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen veröffentlicht. 2017 gibt es weniger Fälle als noch im Vorjahr. Die Zahlen sind allerdings nur eine Annäherung an den tatsächlichen Stand.

 Die Polizei sucht nach 6500 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (Symbolfoto).

Die Polizei sucht nach 6500 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (Symbolfoto).

Foto: dpa, dbo cul olg fux

6506 Flüchtlingskinder gelten in Deutschland als vermisst. Viele von ihnen reisten mit dem massiven Flüchtlingszustrom ohne ihre Eltern in die Bundesrepublik ein, wie das Bundeskriminalamt auf Anfrage mitteilte. Die meisten Vermissten sind Jugendliche: 5502 sind im Alter zwischen 14 und 17 Jahren. Allerdings gelten auch 945 Kinder als verschwunden, die 13 Jahre oder jünger sind. 59 vermisste Personen sind nach BKA-Angaben älter als 18 Jahre. Als Stichtag wird der 1. Juli 2017 angegeben.

Damit ging die Zahl der vermissten unbegleiteten Flüchtlinge innerhalb des vergangenen Jahres um knapp 28 Prozent zurück. Ende August 2016 hatte das BKA noch mitgeteilt, fast 9000 Flüchtlingskinder würden in der Datei verschwundener Personen geführt. Damals war die Zahl der jüngsten Vermissten unter 13 Jahren aber mit 867 Fällen noch geringer.

Die Behörden weisen darauf hin, dass diese Zahlen auch die Fälle beinhalten, die innerhalb von wenigen Tagen geklärt werden. Das seien pro Tag zwischen 200 und 300 Fälle, wie das BKA mitteilte. In gleicher Anzahl würden Vermisstenfälle täglich gelöscht.

In den Zahlen seien aber auch solche Fälle abgebildet, die bis zu 30 Jahre zurückliegen. Zudem könnten die Angaben nur als Annäherung an den tatsächlichen Stand dienen, da es häufig zu Mehrfachregistrierungen komme oder die Kinder längst sicher beispielsweise bei Verwandten untergekommen seien, ohne dass die Behörden davon erfahren.

Mehrfachregistrierungen sind laut BKA deshalb möglich, weil die Personalien der betroffenen Flüchtlinge oft nicht feststehen, da sie vielfach ohne Ausweispapiere reisen. Häufig bestünden verschiedene Schreibweisen desselben Namens. "Sollte dieselbe Person, die einen Ort freiwillig verlassen hat, in der Zukunft erneut an einem anderen Ort erfasst werden und diesen Ort dann wieder verlassen, wird sie wieder, dann doppelt, als vermisst gemeldet und in die Vermisstendatei aufgenommen", teilte eine Sprecherin schriftlich mit.

Häufig wollen Kinder ihre Eltern, Verwandten oder Bekannten in anderen deutschen Städten oder gar im europäischen Ausland aufsuchen. In den meisten Fällen gehen die Sicherheitsbehörden also nicht von einem kriminellen Hintergrund aus. "Die Polizei tut alles, um die Kinder im Falle ihres Antreffens als vermisstes Kind oder vermissten Jugendlichen zu erkennen", hieß es aus der Pressestelle des BKA.

Zuständig für die Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ist das Bundesfamilienministerium. Ressortchefin Katarina Barley (SPD) sagte auf Nachfrage: "Ich nehme die Frage nach vermissten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sehr ernst. Wir müssen hier mehr Licht ins Dunkel bringen." Es liege in der Verantwortung des Bundesinnenministers, die massiven Probleme bei der Erfassung von Geflüchteten endlich in den Griff zu bekommen.

"Mehrfache Registrierungen führen hier immer noch dazu, dass keine verlässlichen Daten vorliegen." Barley betonte, sie wolle den Schutz minderjähriger Opfer von Menschenhandel verbessern. "Hierzu begleiten und unterstützen wir die Länder bei der Etablierung von Kooperationsstrukturen für einen besseren Opferschutz bei Menschenhandel mit Minderjährigen", sagte sie.

In einem ersten Bericht der Bundesregierung zur Situation unbegleiteter ausländischer Minderjähriger in Deutschland heißt es laut einem Ministeriumssprecher, dass es keinerlei Hinweise auf systematische Menschenrechtsverletzungen gebe. "Soweit dies erfasst ist, sind unbegleitete Minderjährige auch nach unserer Kenntnis nicht Opfer einer schweren Straftat geworden", teilte der Sprecher mit.

Derzeit werde ein zweiter Bericht erstellt, mit eigenen Abfragen bei den Jugendämtern und Betreuungseinrichtungen zu vermissten minderjährigen Jugendlichen. "Wir erhoffen uns bessere Erkenntnisse zur Einordnung der Zahlen der Vermisstendatei des BKA", teilte der Sprecher mit.

(jd)
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