75. Geburtstag Wolfgang Schäuble - Minister und Rekordhalter im Bundestag

Offenburg · In der Regierung Merkel ist Wolfgang Schäuble der erfahrenste und mächtigste Minister. Im Parlament sitzt er seit bald 45 Jahren. Schäuble ist nun 75 Jahre alt geworden - und will weitermachen. Unklar ist nur, in welcher Position.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel gratuliert Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beim Empfang der CDU Baden-Württemberg in Offenburg zum 75. Geburtstag.

Bundeskanzlerin Angela Merkel gratuliert Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beim Empfang der CDU Baden-Württemberg in Offenburg zum 75. Geburtstag.

Foto: dpa, pse hak

Das Geburtstagsgeschenk dürfte ihm gefallen: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) enthüllt am Montag beim Empfang zum 75. Geburtstag ihres Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) die gesammelten Werke des von den Nazis ermordeten Theologen Dietrich Bonhoeffer.

Eine "gute Lektüre" und "neue Einsichten" wünscht die Kanzlerin dem Jubilar im Namen der CDU. Vermutlich wird Schäuble aber auch in Zukunft nicht viel Zeit haben zum Lesen. Denn von Aufhören ist keine Rede - der Jurist will dem Bundestag weiter treu bleiben. "Ich bin Parlamentarier mit Leib und Seele", sagt er.

Am 19. November kann Schäuble im Bundestag ein besonderes Jubiläum feiern: Dann gehört er dem Parlament ohne Unterbrechung auf den Tag genau 45 Jahre an. Einen Rekord hat der Mann aus Baden, seit 2009 Bundesfinanzminister, schon sicher: Er ist in der Geschichte der Bundesrepublik der am längsten amtierende Bundestagsabgeordnete. In seiner Heimatstadt Offenburg - dort ist auch sein ländlich geprägter Wahlkreis - feiert Schäuble mit rund 700 Gästen seinen Geburtstag.

Seit 1972 ist der Christdemokrat, der seit dem Attentat eines geistig verwirrten Mannes auf ihn im Oktober 1990 im Rollstuhl sitzt, im Parlament. Merkel kennt ihn seit fast 28 Jahren und verbindet ganz eigene Erinnerungen und Erfahrungen mit ihm. Die beiden siezen sich nach wie vor. In ihrer Laudatio würdigt die Bundeskanzlerin Schäuble als Architekten der Deutschen Einheit. Denn als Bundesinnenminister handelte Schäuble 1990 mit der DDR den Einigungsvertrag aus.

Merkel deutet auch schwierige Zeiten an. "Als Ihre Generalsekretärin durfte ich erfahren, was es heißt, auch in schwierigen Situationen und in Phasen von spürbaren Meinungsunterschieden getragen zu sein von einer mehr als professionellen, immer sehr, sehr guten Zusammenarbeit."

Nicht immer sei sie mit Schäuble einer Meinung gewesen, aber immer auf einem gemeinsamen Weg. Konkret wird sie da nicht. Eine Meinungsverschiedenheit: Schäuble war in der Finanzkrise für den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone - Merkel nicht.

In der Griechenland- und Finanzkrise macht Schäuble sich einen Namen als harter Verhandler, bei dem seine Kritiker Kompromisse vermissten. So bleibt er kategorisch bei seinem Nein zu Schuldenerleichterungen für Griechenland. Zur Bundestagswahl an diesem Sonntag ist Schäuble erneut auch Spitzenkandidat der CDU Baden-Württemberg.

Der Wiedereinzug ins Parlament ist ihm sicher. In der Partei und in seinem Wahlkreis ist er eine Macht: Nominiert von der Offenburger CDU wurde er mit 99,1 Prozent. Auch die Wähler stehen mehrheitlich hinter ihm: Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren bekam Schäuble 56,1 Prozent der für das Direktmandat entscheidenden Erststimmen.

Wolfgang Schäuble beim Ständehaus-Treff
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Schäuble ist in der amtierenden Regierung der erfahrenste und mächtigste Minister. Er diente den Regierungen Helmut Kohl und Angela Merkel (beide CDU). Mit Kohl, seinem früheren Förderer, kam es zum Bruch, als Schäuble in den Turbulenzen der CDU-Spendenaffäre und nach seinen Aussagen im Bundestag zu einer 100.000-Mark-Barspende Anfang 2000 als CDU-Vorsitzender weichen musste. Merkel übernahm von ihm den Parteivorsitz. Als sie 2005 Kanzlerin wurde, machte sie Schäuble zum Innenminister, vier Jahre später zum Finanzminister.

Mit welchem Amt Schäuble nach der Wahl rechnen kann, ist offen. Das ist dem CDU-Politiker, der in seiner Partei den konservativen Flügel abdeckt, nicht neu. Er war früher als Spitzenkandidat der Berliner CDU im Gespräch, auch als EU-Kommissar sowie als Chef der Eurogruppe und 2004 als Bundespräsident - er kam nicht zum Zug.

Zu Kohls Zeiten als Kanzler galt er als dessen Kronprinz. Doch Kanzler oder Präsident wurde Schäuble, trotz seiner Ambitionen, nicht. Im Herbst 2010, nach gesundheitlichen Problemen, dachte Schäuble ernsthaft ans Aufgeben. Merkel überredete ihn zu bleiben - und gab ihm Zeit zur Erholung.

Karlspreis 2012 für Wolfgang Schäuble
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Foto: dapd, Martin Meissner

Schäuble ist verheiratet und hat vier Kinder. Eine Tochter ist mit CDU-Landeschef Thomas Strobl verheiratet. Worte des Dankes richtet er dann auch ausdrücklich an seine Familie samt Ehefrau Ingeborg. "Ich hab manchmal zu meiner Frau gesagt: Ich wollte nicht mit mir verheiratet sein." Den Empfang zu seinem Geburtstag bezeichnet er als "Riesenfreude". "Ich denke jetzt schon an den 80. Geburtstag."

(csr)
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