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Terror von rechts und links im Visier 800 gewaltbereite Neonazis in NRW

Düsseldorf · Nordrhein-Westfalen fordert angesichts der Bedrohung durch Rechtsextreme eine engere Zusammenarbeit der Bundesländer. Die Union will das Berliner Abwehrzentrum gegen islamistischen Terror so ausbauen, dass es auch extremistischen Terror von rechts und links bekämpfen kann.

Die "braune Falle"
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Der NRW-Verfassungsschutz geht davon aus, dass an Rhein und Ruhr rund 800 Mitglieder der rechtsextremistischen Szene als potenziell gewalttätig eingestuft werden müssen. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) forderte eine engere Zusammenarbeit der Verfassungsschutzämter. "Der Schaden für unser Land in der Welt wäre immens, wenn es uns nicht gelingt, diese ewig Gestrigen wirksam zu bekämpfen", sagte er im Düsseldorfer Landtag.

Die Linke übte scharfe Kritik am Verfassungsschutz und dem Einsatz von V-Leuten aus der rechten Szene. Auch in Nordrhein-Westfalen habe es Fälle "größter Nähe" von Verfassungsschutz und Neonazi-Szene gegeben.

Statt Debatten in geheim tagenden Gremien forderte die Linke eine öffentliche Aufklärung über die Arbeit des Verfassungsschutzes (von dem sie selbst beobachtet wird). Außerdem müssten die V-Leute, also die Spitzel in der rechten Szene, zurückgezogen werden. Ohne diesen Schritt könne es kein Verbot der NPD geben.

Dagegen will der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), am Einsatz der V-Leute festhalten. "Nach allem, was ich weiß, können wir auf die V-Leute nicht verzichten", sagte Bosbach unserer Zeitung. Die Kriterien, wie V-Leute eingesetzt werden dürften, seien klar, betonte Bosbach. "Natürlich müssen diese Leute an der kurzen Leine geführt werden, aber in den vergangenen Jahren haben die Verfassungsschutzämter keinen Zweifel daran gelassen, dass sie diese Informanten brauchen."

Gemeinsame Terrorabwehr-Zentrum wird ausgebaut

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, sprach sich dafür aus, gegen die Bedrohung durch den Rechtsterrorismus ähnliche Strukturen zu schaffen, wie sie im Kampf gegen den islamistischen Terror aufgebaut worden seien. "Deshalb sollten wir das Gemeinsame Terrorabwehr-Zentrum ausbauen und es finanziell wie personell so ausstatten, dass es den rechten wie linken Terror wirksam bekämpfen kann", forderte Altmaier.

Der neue Generalbundesanwalt Harald Range sieht derzeit keine Anhaltspunkte für eine Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit der rechtsextremistischen Zwickauer Zelle. Bei der Durchleuchtung des Umfeldes jener Gewaltverbrecher, auf deren Konto vermutlich die Morde an neun Ausländern und einer Polizistin gehen, sei bislang nichts gefunden worden, was auf eine Kooperation schließen lasse, sagte Range.

Immer mehr Politiker dringen derweil auf ein sichtbares Gedenken für die Neonazi-Mordopfer. "Wir brauchen eine öffentliche Trauerfeier als Signal an alle Bürger in Deutschland", sagte die Vize-Fraktionschefin der Grünen, Ekin Deligöz. Sie betonte: "Wir müssen gemeinsam klar machen, dass die Grundrechte und die Freiheitsrechte für alle gelten und dass die Politik dahinter steht.

Öffentliche Trauerfeier für die Opfer

Deshalb bin ich für eine Trauerfeier, die im Bundestag abgehalten wird." Eine öffentliche Trauerfeier wäre auch international ein wichtiges Signal, erklärte Deligöz. Das Ausland schaue sehr genau hin, welches Signal Deutschland jetzt aussende.

Der Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Forums der CDU in NRW, Bülent Arslan, bezeichnete es als sinnvoll, nun eine öffentliche Trauerfeier als "große symbolische Geste" abzuhalten. Die Bestürzung über die Morde in der türkischen Gemeinde sei groß, sagte Arslan. Er kritisierte zugleich, dass in Deutschland mit dem Phänomen des Rechtsradikalismus nicht offen genug umgegangen werde.

Aufgrund der deutschen Geschichte werde alles, was nach Rechtsradikalismus aussehe, kleingeredet. "Wenn irgendwo ein Brandanschlag in einem Haus mit vielen Migranten passiert, dann ist das Erste, was man hört, dass ein rechtsradikaler Hintergrund ausgeschlossen wird", beklagte Arslan.

Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), befürwortet eine nationale Trauerfeier. Den Opfern müsse ihre Würde zurückgegeben werden, sagte Böhmer nach einem Treffen mit Vertretern von türkischen und griechischen Organisationen. Böhmer brachte den Migrantenvertretern ihr "tiefes Mitgefühl" zum Ausdruck. Sie sprach von schrecklichen Taten. Die Migranten in Deutschland müssten wissen, dass sie Teil dieses Landes seien.

Ali Ertan Toprak von der Alevitischen Gemeinde in Deutschland wies darauf hin, dass unter den Migranten das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden erschüttert sei.

Mit dem Bekanntwerden der rechtsextremen Mordserie ist bei vielen Migranten auch das Unsicherheitsgefühl gestiegen. Selbst die türkischstämmigen Funktionsträger sind davon nicht frei. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Aydan Özoguz sagte: "Viele Migranten in Deutschland haben ein Gefühl der Unsicherheit. Ich merke es auch bei mir selbst, dass man darüber nachdenkt, welche Gefahren um einen herum existieren." Sie beklagte, dass Rechtsradikalismus von der Mehrheitsgesellschaft "nicht als so starke Bedrohung wahrgenommen" werde.

(RP/rm)
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