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Ilse Aigner im Interview "90 Prozent der Flüchtlinge sind nicht ausreichend qualifiziert"

Wildbad Kreuth · Zum Abschluss der CSU-Landesgruppenklausur in Wildbad Kreuth sprach unsere Redaktion mit der stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Wie geht es nach Kreuth weiter mit der Flüchtlingspolitik von CDU und CSU?

Das ist Ilse Aigner
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Aigner Wir werden gemeinsame Lösungen finden, auch wenn wir in Einzelfragen anderer Meinung sind. Wir sind etwas ungeduldiger als die Kanzlerin, aber auch sie hat sehr deutlich gemacht, dass sie die Flüchtlingszahl so schnell wie möglich reduzieren will.

Soll sie es mit oder ohne Obergrenze angehen?

Aigner Klar ist, dass wir nicht ohne Begrenzung integrieren können — weder gesellschaftlich noch was den Arbeitsmarkt betrifft. Wir brauchen auch einen optimalen Schutz der EU-Außengrenzen. Das hat bislang nicht funktioniert. Hier muss deutlich mehr passieren. Und dafür drängt die Zeit.

Wie sehr? Bleiben noch Tage? Wochen? Monate?

Aigner Die EU-Außengrenzen lassen sich nicht von heute auf morgen vollständig sichern. Die letzten Monate haben aber gezeigt, dass wir das Problem schnellstmöglich lösen müssen.

Bleibt die Zahl 200.000 als Obergrenze auf dem Tisch?

Aigner Damit ist die Aufnahmefähigkeit unseres Landes markiert. Und auch die Kanzlerin sagt eindeutig, dass es beim jetzigen Umfang nicht bleiben kann, weil dann die Integrationsfähigkeit unseres Landes überstrapaziert wird.

Welche Erfahrungen machen Sie als Wirtschaftsministerin mit der Flüchtlingsdynamik?

Aigner Ich habe zu den Ersten gehört, die vor der falschen Euphorie gewarnt haben, es kämen jetzt nur gut ausgebildete Fachkräfte zu uns. Inzwischen wissen wir, dass fast 90 Prozent der Flüchtlinge keine ausreichende Qualifikation mitbringen, um direkt in den deutschen Arbeitsmarkt integriert zu werden. Die Integration gelingt aber nur über Arbeit. Wir werden die Flüchtlinge nicht von heute auf morgen in den Arbeitsmarkt integrieren können. Das muss uns klar sein. Es wird in vielen Fällen Jahre dauern, bis die sprachlichen Voraussetzungen und weitere Bedingungen für den Eintritt in den anspruchsvollen deutschen Arbeitsmarkt erfüllt sind.

Ist die Wirtschaft dabei auch gefordert?

Aigner Ja. Und deshalb ist es so wichtig, dass wir in Bayern einen Pakt mit der Wirtschaft über 60.000 zusätzliche Ausbildungs- und Arbeitsplätzen für die nächsten drei Jahre schließen konnten. Das heißt aber auf der anderen Seite, dass wir die Wirtschaft nicht strangulieren dürfen. Es ist an der Zeit, die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag daraufhin zu überprüfen, ob wir damit die Wirtschaft in Schwung halten. Die Verabredung zu den Werk- und Zeitverträgen stammen aus einer Zeit, in der die neuen Herausforderungen nicht absehbar waren. Sie bringen uns nicht weiter, weil sie nur zu mehr Bürokratie und weniger Flexibilität führen.

Was muss Schwarz-Rot zusätzlich noch liefern?

Aigner Wir brauchen eine neue Gründerkultur, um im digitalen Zeitalter bestehen zu können. Dafür sind zusätzliche Investitionsanreize nötig. Wir müssen beim Wagniskapital nachholen — etwa durch eine steuerliche Förderung. Da hinken wir anderen Ländern weit hinterher.

Für wie gefährlich halten Sie den chinesischen Börsencrash für die deutsche Wirtschaft?

Aigner Die Situation an den chinesischen Börsen ist dramatisch. Für die deutsche Wirtschaft gibt es aber weitaus größere Risiken, zum Teil auch hausgemachte. Deswegen dürfen wir unsere Wirtschaft jetzt nicht mit zusätzlichen Überregulierungen beim Mindestlohn, bei der Leiharbeit oder den Werkverträgen belasten.

Wie sehen Sie Bayern, wie sehen Sie Deutschland in zehn Jahren?

Aigner Bis dahin müssen wir unsere starke Wirtschaft und unsere Top-Position in die neue digitale Welt überführt haben. Ich gehe davon aus, dass wir die Flüchtlingskrise dann überwunden haben. Wichtig bleibt aber, dass wir uns über Fragen der gesellschaftlichen Integration einig sind. Deshalb ist es heute entscheidend, dass wir uns unserer Werte vergewissern und sie verteidigen: Wer in Deutschland lebt muss etwa die Meinungsfreiheit, die Rechtstaatlichkeit, die Gleichberechtigung von Mann und Frau akzeptieren

Da haben wir Silvester in Köln anderes erlebt, wie sollten Deutschlands Frauen damit umgehen?

Aigner Die Vorfälle sind schockierend. Und es ist nicht hinnehmbar, dass sich Frauen in ihrem Verhalten anpassen müssen. Diejenigen, die hier leben, haben sich an unsere Gesetze, unsere Regeln und unsere Werte zu halten. Die Vorgänge in Köln darf niemand tolerieren. Und es wäre sinnvoll, wenn Frauenrechtlerinnen hier den selben Einsatz zeigen, den sie bei der Genderformulierung in der deutschen Sprache aufgebracht haben.

Gregor Mayntz führte das Interview.

(may-)
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