Abschiebungen nach Afghanistan Hunderte Menschen demonstrieren am Münchner Flughafen

München · Begleitet von Protesten mehrerer hundert Menschen sind am Mittwochabend vom Münchner Flughafen aus 18 Afghanen abgeschoben worden. Das bayerische Innenministerium bestätigte am späten Abend in einer Mitteilung den Abflug der Maschine nach Kabul. Es war die dritte bundesweite Sammelabschiebung seit Ende vergangenen Jahres.

 Demonstranten protestieren am Münchner Flughafen.

Demonstranten protestieren am Münchner Flughafen.

Foto: dpa, mbk

Bei den Abgeschobenen handelte sich dem Ministerium zufolge um allein stehende junge Männer, darunter auch Straftäter. Von den 18 abgelehnten Asylbewerbern an Bord der gegen 21.00 Uhr gestarteten Maschine waren demnach fünf aus Bayern, vier aus Baden-Württemberg, vier aus Hessen, zwei aus Hamburg, zwei aus Sachsen-Anhalt und einer aus Rheinland-Pfalz. Die bayerische Polizei hatte zunächst von etwa 50 abzuschiebenden Afghanen gesprochen. Nordrhein-Westfalen beteiligte sich nicht an der Sammelabschiebung.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte eine Fortsetzung der Abschiebungen an: "Es gehört zu einem Rechtsstaat dazu, dass bestandskräftige Ablehnungsbescheide des Bundesamtes auch vollzogen werden", hieß es in der Erklärung auf der Website seines Ministeriums.

Der Minister kritisierte zugleich die Haltung einiger Bundesländer, die Abschiebungen nach Afghanistan ablehnen, weil das Land aus ihrer Sicht nicht sicher ist. "Pauschale Abschiebestopps ohne Einzelfallbetrachtung für alle Afghanen ohne Bleiberecht, wie etwa in Schleswig-Holstein, konterkarieren unsere Rechtsordnung. Wer so handelt, der setzt bewusst unser deutsches Asylrecht außer Kraft", erklärte Herrmann.

Mehrere hundert Demonstranten

Gegen die Abschiebung protestierten am Münchner Flughafen rund 300 Menschen, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Ein Sprecher der Flughafenpolizei nannte dieselbe Zahl. Zwischenfälle habe es nicht gegeben. Die Sprecherin des bayerischen Flüchtlingsrates, Jana Weidhaase, sprach von 400 bis 500 Demonstranten.

Sie seien "absolut gegen Abschiebungen nach Afghanistan", weil es dort keine sicheren Gebiete gebe, sagte Weidhaase. Sie forderte "einen Abschiebestopp nach Afghanistan, und zwar bundesweit". Die Abschiebungen träfen nur die Afghanen, weil Afghanistan mit der Bundesregierung eine Rücknahmevereinbarung geschlossen habe. Die Bundesregierung wolle mit den Abschiebungen eine harte Linie in der Flüchtlingspolitik demonstrieren. "Wir sehen das eigentlich nur als Wahlkampf an", fügte die Sprecherin hinzu.

Bereits im Dezember und im Januar hatten Sammelabschiebungen nach Afghanistan stattgefunden. Menschenrechtsorganisationen sowie Politiker von Grünen und Linken kritisieren die Rückführungen scharf. Auch innerhalb der SPD gibt es Zweifel, ob die Sicherheit der abgeschobenen Afghanen in ihrem Heimatland gewährleistet ist.

Verschärfung der Abschieberegelungen beschlossen

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) machte am Mittwoch aber deutlich, dass die Sicherheitslage für Afghanistan insgesamt nicht beurteilt werden könne. "Es gibt sicherere und sehr unsichere Regionen", sagte er bei einem Treffen mit seinem niederländischen Kollegen Bert Koenders. Außerdem verwies Gabriel darauf, dass 56 Prozent aller afghanischen Flüchtlinge in Deutschland einen Schutzstatus bekämen. Dies liege weit über der Schutzquote für Afghanen in anderen europäischen Staaten.

Die Bundesregierung hatte am Mittwoch zudem eine Verschärfung der Abschieberegelungen für abgelehnte Asylbewerber beschlossen. Das Kabinett billigte das "Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht", wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mitteilte. Die Neuregelung sieht unter anderem einen erweiterten Zugriff auf Handydaten von Flüchtlingen und Verschärfungen bei der Abschiebehaft vor.

(stk/AFP)
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