Historische Entscheidung Bundestag beschließt Ehe für alle — Merkel stimmt mit Nein

Berlin · Die Abgeordneten des Bundestages haben an diesem Freitagvormittag für die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare gestimmt. Die Kanzlerin stimmte dagegen. Zuvor diskutierten die Abgeordneten 38 Minuten lang weitgehend respektvoll über den Gesetzentwurf.

Abstimmung: Bundestag entscheidet über Ehe für alle
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Bundestag stimmt über Ehe für alle ab

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Foto: rtr, FAB/CDC/MAT

393 Abgeordnete haben am Freitagmorgen für die Ehe für alle gestimmt. 226 Parlamentarier stimmten mit Nein, vier enthielten sich. Die Zustimmung in der Unionsfraktion zur Homoehe ist größer als erwartet: 75 Abgeordnete von CDU und CSU votierten mit Ja. Das geht aus der Abstimmungsliste hervor. Im Vorfeld war eher mit rund 20 Befürwortern aus den Reihen der Unionsfraktion gerechnet worden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel stimmte dagegen. Sie sagte im Anschluss an die Abstimmung in einem Statement, sie sei für das Adoptionsrecht für Schwule und Lesben. Jedoch halte sie am Leitbild der Union fest, die Ehe sei eine Angelegenheit zwischen Mann und Frau. Daher habe sie gegen den Gesetzentwurf gestimmt. "Die Abstimmung war für viele heute emotional berührend. Das gilt auch für mich persönlich." Sie hoffe, dass die Entscheidung jetzt ein "Stück gesellschaftlichen Frieden und Zusammenhalt" bringe.

Um kurz nach acht Uhr hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert die Beratung und Abstimmung über den Gesetzentwurf nach einem entsprechenden Antrag auf die Tagesordnung gesetzt. Erkennbar beschäftige das Thema viel mehr Menschen als unmittelbar betroffen seien, sagte Lammert. Er rief die Abgeordneten zu gegenseitigem Respekt für die jeweilig andere Seite auf.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann trat während der Aussprache als erster ans Rednerpult. "Das ist vielleicht nicht gut für die Koalition, aber gut für die Menschen", sagte er im Blick auf die Abstimmung, die gegen den Willen der CDU-Fraktion auf die Tagesordnung gesetzt worden war.

Volker Kauder, CDU-Fraktionsvorsitzender, forderte Respekt für die Gegner der Ehe für alle in seiner Rede ein. Er wies darauf hin, im Gegensatz zu Oppermann, dass er eine Änderung des Grundgesetzes für nötig halte.

Für die Union sprach auch der Abgeordnete Jan-Marco Luczak. Er forderte seine Partei auf, für eine "wertkonservative Politik" zu stimmen. "Gebt euch einen Ruck", sagte er. Mindestens 70 Unionsabgeordnete — fast jeder Vierte — votierten am Ende für den Gesetzentwurf aus dem rot-grün dominierten Bundesrat zur Öffnung der Ehe.

Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken, wies die SPD darauf hin, dass sie gemeinsam mit Linke und Grünen die vergangenen vier Jahr noch häufiger "fortschrittliche Politik" hätte machen können. "Wir werden allerdings die CDU-Vorsitzende niemals um Erlaubnis fragen, ob wir fortschrittliche Politik machen können." Bartsch rief dazu auf, für die Liebe zu stimmen.

"Historisch" nannte Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, den Tag. Der Weg bis zur Abstimmung sei lang gewesen. Sie lobte den Grünen-Politiker Volker Beck, der sich öffentlich immer wieder für die "Ehe für alle" eingesetzt hatte. Volker Beck selbst sprach von einer "Epoche der Akzeptanz", die nun beginne.

Merkel hatte am Montagabend überraschend erklärt, sie plädiere für eine Gewissensentscheidung zu dem Thema. Der Fraktionszwang war vor der Abstimmung aufgehoben worden.

Das Nein zur Ehe für Homosexuelle gilt als letzte konservative Bastion der Union. Unter Merkel als Parteivorsitzende hat die CDU schon mehrere Positionen geräumt, für die es in der Gesellschaft keine Mehrheit mehr gab — wie das Festhalten an der Atomenergie und der Wehrpflicht.

(heif/veke/dpa)
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