Umfrage Deutsche glauben nicht an dauerhaften Erfolg der AfD

Berlin · Seit dem Wahlerfolg der Alternative für Deutschland (AfD) bei der Europawahl diskutiert die Union über eine Öffnung der Partei in Richtung der Euro-Kritiker. Zumal die Partei auch anderthalb Wochen nach der Wahl in den Umfragen gut wegkommt. Parteichef Bernd Lucke gibt sich in Interviews entsprechend selbstbewusst. Die Mehrheit der Deutschen aber glaubt, dass die AfD langfristig keinen Erfolg haben wird.

Zehn Fakten und Hintergründe zur AfD
11 Bilder

Zehn Fakten zur AfD

11 Bilder
Foto: dpa, Bernd von Jutrczenka

Sieben Prozent bei der Europawahl — für die AfD war das ein großer Erfolg vor anderthalb Wochen. Denn bei der Bundestagswahl im vergangenen September war sie noch an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. In den aktuellen Umfragen aber stehen die Euro-Kritiker gut da. So hatte erst am Mittwoch eine Forsa-Umfrage für das Magazin "Stern" ergeben, dass sich jeder Dritte die AfD im Bundestag wünscht. Bei acht Prozent sieht das Meinungsforschungsinstitut die Partei derzeit.

Ein klein wenig schlechter steht die AfD zwar beim ZDF-Politbarometer da, doch auch hier konnte sie im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage zulegen. Demnach kommt die Partei auf fünf Prozent (plus eins) und würde auch hier den Einzug in den Bundestag schaffen. Doch die Mehrheit der Befragten (63 Prozent) ist sich auch sicher, dass der Erfolg der Alternative für Deutschland bei der Europawahl damit zusammenhängt, dass die Wähler den anderen Parteien einen Denkzettel verpassen wollten.

Mehrheit lehnt Bündnis von Union und AfD ab

Die AfD als Protestpartei, als Partei der Unzufriedenen — das ist auch Parteichef Bernd Lucke durchaus bewusst, und damit spielt die AfD auch. Denn gerade der Euro-Kurs der damaligen Regierung aus Union und FDP und der nach Ansicht der Partei fehlenden Alternative der damals oppositionellen SPD habe viele Wähler enttäuscht. Und so sagt Lucke im Interview mit der "Welt" über die Regionen in Deutschland, in denen die Partei erfolgreich war: "Es gibt in diesen Regionen eine große Enttäuschung über die Politik der Altparteien. Und von dieser Enttäuschung profitieren wir auch."

Europawahl 2019: Wahlpartys der deutschen Parteien
11 Bilder

Wie die deutschen Parteien ihr Wahlergebnis feierten

11 Bilder
Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Dass viele in der Union eine Annäherung an die Euro-Skeptiker ablehnen und Unions-Fraktionschef Volker Kauder sogar sagt, er wolle sich mit AfD-Politikern nicht in eine Talkshow setzen, sieht Lucke als "Armutszeugnis für Herrn Kauder und die CDU". "Offenbar ist er argumentativ so schwach, dass er die Auseinandersetzung mit uns vor großem Publikum scheut", sagt er in dem "Welt"-Interview selbstbewusst. Er erklärt sich das Verhalten der Union "mit blanker Angst vor uns". "Wir vertreten viele Positionen, die früher lupenreine CDU-Positionen waren. Etwa, dass der Maastricht-Vertrag es verbietet, Schulden anderer Staaten zu übernehmen oder dass der Mindestlohn Arbeitsplätze kostet und mittelstandsfeindlich ist."

Doch eine Koalition mit der Union wollen zwar die Anhänger der Union sehen (67 Prozent im ZDF-Politbarometer), bei den Anhängern von CDU und CSU sieht das Bild allerdings anders aus. Dort sprechen sich 69 Prozent dagegen aus. Und auch insgesamt lehnen die Befragten mit 62 Prozent ein solches Bündnis ab, nur zehn Prozent beurteilen dies als gut.

Und auch auf lange Sicht glauben die im Politbarometer Befragten nicht, dass sich die AfD lange halten kann. Schließlich haben auch die Piraten erfahren müssen, wie es ist, in den Umfragen schnell zu steigen, einige Wahlerfolge zu haben und dann wieder abzustürzen. Entsprechend haben 60 Prozent der Wähler auch Zweifel an einem langfristigen Erfolg der Euro-Kritiker. Gerade einmal 25 Prozent sehen sie auch auf Dauer erfolgreich im politischen Geschehen.

Anhänger aus Ober- und Mittelschicht

Klar, dass die AfD-Anhänger das naturgemäß anders sehen. Aber wer wählt die Partei überhaupt? Dieser Frage ist das Meinungsinstitut Forsa im Auftrag des Magazins "Stern" nachgegangen. Die Wähler kommen vor allem aus einem bestimmten Segment der Ober- und Mittelschicht (26 und 53 Prozent), 55 Prozent haben Abitur und 44 Prozent verfügen über ein Haushaltseinkommen von 3000 Euro und mehr. Vor allem Angestellte und Rentner befürworteten den Kurs der Partei, heißt es.

Viel Diskussion gibt es auch darum, ob die AfD am rechten Rand fische. Am Mittwoch hatte die Universität Leipzig eine Studie zu rechtsextremen Einstellungen veröffentlicht und dabei festgestellt, dass "die stärkste Anziehungskraft bei den Wählern mit einer ausländerfeindlichen, antisemitischen und chauvinistischen Einstellung neben den rechtsextremen Parteien die AfD hat", so Sozialwissenschaftler Johannes Kiess. So hatten laut der Untersuchung 50 Prozent der befragten AfD-Anhänger eine ausländerfeindliche Einstellung.

Laut Forsa verordnen sich 55 Prozent der Anhänger aber in der politischen Mitte, aber immerhin 28 Prozent als politisch rechts. Dennoch sieht Forsa-Chef Manfred Güllner einen Unterschied zu den Wählern der rechtsextremen Parteien. Die Anhänger dieser seien oft jünger, eher Geringverdiener, überwiegend Hauptschulabsolventen und gehörten in überdurchschnittlichem Maße den unteren sozialen Schichten an — also das Gegenteil der AfD-Anhänger.

"Die Trennungslinie zwischen den beiden Lagern ist die soziale Schichtzugehörigkeit", sagt Güllner.

(das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort