Vor Europaparlaments-Wahlen AfD macht Lucke zum Spitzenkandidat

Aschaffenburg · Die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) hat ihren Parteichef Bernd Lucke zum Spitzenkandidaten für die Europawahl bestimmt. Auf einem Parteitag am Samstag im bayerischen Aschaffenburg erhielt Lucke 261 Delegiertenstimmen. 36 waren gegen ihn.

Januar 2013: AfD-Parteitag in Aschaffenburg
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Mit scharfer Kritik an der Bundesregierung und an der EU-Führung in Brüssel wollen die Eurogegner der Alternative für Deutschland (AfD) in den Europawahlkampf ziehen. Lucke sagte: "Mehr Europa ist nicht die Antwort auf Europas Probleme." Die Bundesregierung lasse sich von den Krisen in Europa treiben. "Wir brauchen den Mut, offen über Vorteile und Nachteile auch für das eigene Land zu reden", rief Lucke unter dem Beifall der rund 300 Delegierten.

Lucke kritisierte massiv den Eurorettungsschirm ESM und die Politik der Europäischen Zentralbank EZB. "Das ist keine Demokratie", erklärte der Hamburger Wirtschaftsprofessor. Demokratische Parlamente würden entmachtet "zugunsten einer Technokraten-Regierung".

Stürmisch begrüßte der Parteitag den früheren Industriepräsidenten Hans-Olaf Henkel, der auf einem vorderen Listenplatz für die Europawahl am 25. Mai kandidieren will. Henkel bürge für die Seriosität der wirtschafts- und währungspolitischen Vorstellungen der AfD, sagte Lucke. Der frühere Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) war erst vor kurzem der Partei beigetreten.

Weil bei der Wahl des Europaparlaments nur eine Drei-Prozent-Hürde gilt, rechnet sich die AfD gute Chancen aus. Im September hatte sie mit 4,7 Prozent der Stimmen den Einzug in den Bundestag knapp verfehlt. Aktuelle Umfragen sehen sie bei 4 bis 5 Prozent.

Lucke kritisiert Regierung

In seiner rund einstündigen Begrüßungsrede ging Parteichef Lucke hart mit der neuen Bundesregierung ins Gericht, sparte aber auch nicht mit Kritik an Linkspartei, Grünen und FDP. "Wir brauchen Politiker, die den Mut haben, die Wahrheit zu sagen", rief Lucke.

Nach massiven innerparteilichen Querelen in den vergangenen Monaten will die Führung der AfD in Aschaffenburg die Reihen schließen und auch die Debatte über rechtspopulistische Einflüsse beenden. Langwierige Debatten über Tagesordnung und Geschäftsführung verzögerten den Ablauf des Parteitags und signalisierten Widerstand gegen die Parteiführung.

Am Nachmittag will die Partei auch europapolitische Grundsätze diskutieren. In einem Entwurf heißt es unter anderem, Deutschland müsse entsprechend seiner Einwohnerzahl und Bedeutung mehr Gewicht in europäischen Institutionen erhalten. Über das Wahlprogramm entschieden wird auf einem weiteren Parteitag am 22. und 23. März in Erfurt.

Die Delegierten wurden vor der Tagungshalle mit Protesten begrüßt. In der Nacht waren Parolen wie "Haut Ab" an die Eingangstore gesprüht und Farbbeutel gegen die Fassade geworfen worden. Für den Nachmittag war eine Demonstration angekündigt.

(dpa)
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