Debatte um Migration AfD: Notfalls auf Flüchtlinge schießen

Düsseldorf/Berlin · Bei gewaltsamen Grenzübertritten von Flüchtlingen hält der AfD-Landesvorsitzende in NRW den Gebrauch von Schusswaffen für gerechtfertigt. Der Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt endet unterdessen ohne Einigung.

 Marcus Pretzell glaubt nicht an die Wirkung von Grenzzäunen.

Marcus Pretzell glaubt nicht an die Wirkung von Grenzzäunen.

Foto: dpa, mb kno

Mit seiner Aussage "Die Verteidigung der deutschen Grenze mit Waffengewalt als Ultima Ratio ist eine Selbstverständlichkeit", hat der der AfD-Landeschef von NRW, Marcus Pretzell, für massive Kritik gesorgt. Pretzell bekräftigte seine Äußerung vom vergangenen Freitag bei einem Auftritt auf einer Parteiveranstaltung in Leverkusen, über die unsere Redaktion bereits berichtet hatte, am Sonntag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner kritisierte, wer derartige Vorschläge ins Spiel bringe, sei in seinen Äußerungen von Neonazis nicht zu unterscheiden. "Wir brauchen eine Überwachung der AfD-Spitze durch den Verfassungsschutz. Das gilt auch für die Führung von Pegida", sagte Stegner unserer Redaktion. Sven Lehmann, Grünen-Chef in NRW, erklärte: "Wer auf Flüchtlinge schießt, schießt auch auf unser Grundgesetz. Die AfD in NRW zeigt ihre offen rechte Fratze. "

Zuvor war der AfD-Politiker Uwe Wappler aus Niedersachsen der Lüge überführt worden. Wappler hatte behauptet, eine Zwölfjährige sei im Bereich Unterweser von einem Flüchtling vergewaltigt worden. Auf Nachfrage des ARD-Magazins "Panorama" konnte er jedoch keine Details nennen und soll später zugegeben haben, "dass es diesen Fall irgendwie nicht gibt".

CDU und CSU einigen sich auf Transitzonen

Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer haben ihren Streit über die Asylpolitik am Sonntag zwar entschärft, indem sie sich auf Transitzonen als "vordringlichste Maßnahme zur besseren Kontrolle unserer Grenze" einigten. Da die SPD solche Zonen jedoch als "Haftanstalten" ablehnt, blieb die erhoffte Einigung auf dem Dreier-Gipfel zur Flüchtlingskrise im Kanzleramt mit SPD-Chef Sigmar Gabriel aus. Die von Seehofer angestrebte und von Merkel abgelehnte Obergrenze für den Flüchtlingszuzug taucht in dem Positionspapier der Unionsparteien nicht auf.

Gemeinsam wollen de Unionsparteien allerdings "Zuwanderung ordnen und steuern, sowie Fluchtursachen bekämpfen". Menschen in Not müsse geholfen, die Integration Schutzbedürftiger gesichert werden. Für eine bestimmte Personengruppe will die Union den Familiennachzug für einen Zeitraum von zwei Jahren aussetzen. Es geht um Flüchtlinge, die weder nach der Genfer Flüchtlingskonvention noch nach dem deutschen Grundrecht auf Asyl in der Bundesrepublik bleiben dürfen, aber auch nicht abgeschoben werden dürfen - etwa weil ihnen in der Heimat die Todesstrafe oder Folter drohen. Als Zugeständnis an Seehofer soll die polizeiliche Zusammenarbeit an der österreichisch-bayerischen Grenze verbessert werden.

Angriffe auf Asylbewerber

Am Wochenende gab es erneut Übergriffe auf Asylbewerber: In Magdeburg attackierte eine 30-köpfige Gruppe von Gewalttätern mit Baseballschlägern syrische Flüchtlinge. Drei von ihnen erlitten Verletzungen. In einer Unterkunft im sächsischen Freital wurden Fenster von bewohnten Zimmern durch Sprengkörper zerstört. Es gab einen Verletzten. Nach einem Brand in einer Flüchtlingsunterkunft im niedersächsischen Sehnde nahm die Polizei einen 43-jährigen Tatverdächtigen fest.

Erneut hat eine größere Zahl von Flüchtlingen ihre Unterkunft ohne Registrierung verlassen, diesmal in Bremen. Mehr als 130 Menschen seien auf eigene Faust unterwegs, sagte ein Sprecher der Stadt. In den vergangenen Tagen waren 700 Menschen aus den Notunterkünften in Niedersachsen verschwunden, 580 aus einer Einrichtung im bayerischen Erding.

Der Zustrom von Flüchtlingen im Raum Passau ist leicht zurückgegangen. Am Sonntagfrüh warteten am Übergang Wegscheid rund 600 Migranten auf ihre Weiterfahrt von Österreich nach Deutschland.

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(RP)
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