Steuerverfahren gegen Feministin Alice Schwarzer im Zwielicht

Düsseldorf/Köln · Alice Schwarzer hat möglicherweise mehr Steuern hinterzogen, als sie bislang öffentlich zugegeben hat. Ihr Anwalt bestätigt das Ermittlungsverfahren. Auf Unterstützung aus der Politik kann die Frauenrechtlerin offenbar nicht hoffen.

Steuerverfahren gegen Feministin: Alice Schwarzer im Zwielicht
Foto: dpa, Henning Kaiser

Die Feministin Alice Schwarzer soll mehr Steuern hinterzogen haben, als sie bislang öffentlich zugegeben hat. Ihr Anwalt Christian Schertz bestätigte, dass nach Selbstanzeige und Steuernachzahlung ein steuerliches Ermittlungsverfahren gegen seine Mandantin läuft. Laut "Spiegel Online" könnte es um sechsstellige Einkünfte gehen. Der Anwalt bezeichnete dies jedoch als falsch.

Im Mai hatten die Ermittlungsbehörden mehrere Objekte in Köln und im Oberbergischen Kreis durchsucht, wo Schwarzer lebt. Nach Informationen unserer Zeitung soll es zudem Durchsuchungen in acht Banken gegeben haben.

Erst im Februar hatte die 71-Jährige auf ihrer Homepage eingeräumt, seit den 80er Jahren ein Schweizer Bankkonto unterhalten zu haben, für das sie keine Steuern gezahlt habe: "Ja, ich habe einen Fehler gemacht. Das war nachlässig." Sie habe Selbstanzeige erstattet und 200 000 Euro plus Säumniszinsen nachgezahlt, berichtete sie weiter. Allerdings habe sie das Geld in einer Zeit in die Schweiz gebracht, in der die "Hatz" gegen sie "solche Ausmaße annahm, dass ich ernsthaft dachte: Vielleicht muss ich ins Ausland gehen". Zugleich beschwerte sich die Gründerin der Zeitschrift "Emma" im Internet darüber, dass der Presse Informationen über ihren Steuerfall zugespielt worden seien, und sprach von "Rufmord".

Auch diesmal scheint es eine undichte Stelle gegeben zu haben. Schwarzers Anwalt stellte bei der Kölner Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen unbekannt wegen Geheimnisverrats, "da erneut offenbar Informationen in kürzester Zeit aus den Behörden direkt an die Medien durchgestochen worden sind". Staatsanwalt Daniel Vollmert sagte unserer Zeitung, sollte sich herausstellen, dass im Bereich Köln Steuerinformationen über Schwarzer weitergegeben wurden, werde das Verfahren aus Gründen der Objektivität einer anderen Staatsanwaltschaft übertragen.

Sollte Schwarzers Selbstanzeige unvollständig sein, wäre sie wohl ungültig. Für den Fall, dass es zu einem Prozess käme, bietet sich der Meteorologe Jörg Kachelmann als Gerichtsreporter an. Der Hintergrund: Im Vergewaltigungsprozess gegen ihn hatte Schwarzer für die "Bild"-Zeitung berichtet und dabei Position gegen den Angeklagten eingenommen. Der Prozess endete mit Kachelmanns Freispruch.

Auf Nachsicht von politischer Seite kann Schwarzer nicht hoffen. "Wenn sich herausstellen sollte, dass Alice Schwarzer bei ihrer Selbstanzeige getrickst hat, wäre das schon ein starkes Stück", so der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick. Auch der finanzpolitische Sprecher der CSU, Hans Michelbach, erklärte: "Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt." Wer sich bei der Selbstanzeige "nicht komplett ehrlich macht und irgendeinen Teil seiner Einkünfte doch noch verschweigt, muss damit rechnen, dass er nicht davonkommt".

(RP)
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