Merkel bei Weltklimakonferenz "Braunkohle muss wesentlichen Beitrag zu Klimazielen leisten"

Bonn · Kanzlerin Merkel hat der Reduzierung der Kohlekraft eine zentrale Rolle für das Erreichen der Klimaziele zugewiesen. Wann genau Deutschland aus der Braunkohle aussteigt, sagte sie auf der Weltklimakonferenz in Bonn allerdings nicht.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel redet auf der Weltklimakonferenz in Bonn.

Bundeskanzlerin Angela Merkel redet auf der Weltklimakonferenz in Bonn.

Foto: ap, FO

"Wir wissen, dass Deutschland als ein Land, das noch in hohem Maße Kohle verwendet, natürlich gerade die Kohle, insbesondere die Braunkohle, einen wesentlichen Beitrag leisten muss, um diese Ziele zu erreichen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor den Delegierten der Weltklimakonferenz in Bonn.

"Aber wie genau das ist, das werden wir in den nächsten Tagen miteinander ganz präzise diskutieren müssen." Das Thema gehört zu den am heftigsten umstrittenen bei den Jamaika-Sondierungen von CDU, CSU, FDP und Grünen in Berlin.

Die mittel- und langfristige Strategie des deutschen Klimaschutzplans 2050 mit "konkreten Maßnahmen" auszufüllen, sei der nächste Schritt, sagte die Kanzlerin. "Und ich will hier ganz offen sprechen: Das ist auch in Deutschland nicht einfach." Das deutsche Klimaziel für 2020 sei "ein ehrgeiziges Ziel", zu dem noch "ein ganzes Stück" fehle. Bis 2020 will Deutschland 40 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990.

In den Sondierungen gehe es einerseits um die Erfüllung dessen, was man sich vorgenommen habe. "Da geht es aber auch um soziale Fragen und Arbeitsplätze", betonte Merkel, sowie um die Bezahlbarkeit von Energie. Darüber gebe es "erhebliche Konflikte" in der Gesellschaft. "Und die müssen wir lösen, vernünftig lösen, verlässlich lösen."

Merkel hob zudem hervor, dass Deutschland sich auch bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels in den ärmsten Ländern engagiere. Dafür habe die Bundesregierung vergangenes Jahr 1,4 Milliarden Euro bereit gestellt. Dieses Jahr werde sie zusätzlich 100 Millionen Euro für den Anpassungsfonds für die Folgen der Erderwärmung in den Entwicklungsländern geben.

Die Kanzlerin lobte in ihrer Rede ausdrücklich das breite Klimaschutzbündnis in den USA, zu denen sich eine Reihe von Bundesstaaten, Kommunen und Unternehmen zusammengeschlossen hatten, nachdem US-Präsident Donald Trump den Ausstieg seines Landes aus dem Pariser Abkommen verkündet hatte.

Umweltschutzverbände äußerten sich hingegen schwer enttäuscht von der Rede der Bundeskanzlerin. "Angela Merkel hat sich heute vor der einzigen Antwort gedrückt, die sie in Bonn geben musste: Bis wann steigt Deutschland aus der Kohle aus?", kritisierte Greenpeace-Geschäftsführerin Sweelin Heuss am Mittwoch. "Mit ihrem Schweigen zur Schicksalsfrage der deutschen Klimapolitik verspielt die Kanzlerin auch den letzten Rest ihres alten Klimaruhms."

Ohne Kohleausstieg könne Deutschland seine in Paris getroffenen Zusagen zum Schutz des Klimas nicht einhalten, sagte Heuss: "Das ist ein fatales Signal an diese Klimakonferenz."

WWF-Experte Michael Schäfer bemängelte, Merkel habe nur auf die schwierigen Jamaika-Verhandlungen verwiesen. "Wir aber wollen und müssen Taten sehen. Wir erwarten von der Bundeskanzlerin, dass sie so viel dreckige Kohle aus dem Stromsystem nimmt, wie nötig ist, um das deutsche Klimaziel 2020 zu erreichen."

Jan Kowalzig von der Umweltschutz- und Hilfsorganisation Oxfam sagte, es reiche nicht, darauf zu verweisen, wie schwierig das alles in der Umsetzung sei. Merkel hätte von Bonn aus unbedingt ein "unmissverständliches Signal nach Berlin" senden müssen, und zwar für einen "schrittweisen Ausstieg aus der schmutzigen Kohle"

"Merkels Rede war eine Nullaussage"

Kritik gab es auch von Grünen-Chefin Simone Peter: "Angela Merkels Rede war im wesentlichen eine Nullaussage. Was längst überfällig ist, ist Konkretion." Die Grünen erwarteten von der Kanzlerin einen konkreten Plan, wie die deutschen CO2-Emissionen entsprechend den Klimazielen für 2020, 2030 und 2050 gesenkt werden sollen.

Der Grünen-Politiker Oliver Krischer sagte, deutliche Maßnahmen wie der Kohleausstieg, der Ausbau erneuerbarer Energien und ein Preis für CO2 müssten die Basis für eine mögliche Jamaika-Koalition sein. Wenn dies nicht gelinge, "dann könnte Jamaika das traurige Schicksal von Südsee-Inseln ereilen. Sie gehen unter."

Auch Steinmeier auf Weltklimkonferenz

Der zwölfjährige Timoci Naulusala (M) von den Fidschi Inseln wird auf der Weltklimakonferenz von Bundespräsident Steinmeier und dem Premierminister der Fidschi Inseln, Frank Bainimarama (r) begrüßt.

Der zwölfjährige Timoci Naulusala (M) von den Fidschi Inseln wird auf der Weltklimakonferenz von Bundespräsident Steinmeier und dem Premierminister der Fidschi Inseln, Frank Bainimarama (r) begrüßt.

Foto: dpa, obe exa

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der am Mittwoch ebenfalls auf der Weltklimakonferenz redete, mahnte auf der Konferenz zügige Fortschritte im Kampf gegen den Klimawandel an. "Wir wissen um die Dramatik und spüren die Folgen schon heute", betonte er laut vorab verbreitetem Redetext. Man spüre sie, wenn man im Winter durch leere Alpentäler wandere, die vor fünfzig Jahren noch voll mit Gletschereis gewesen seien. Und vor allem, wenn extreme Wetterereignisse die Heimat Tausender Menschen zerstörten.

"Mir jedenfalls bleibt kein Zweifel: Diese Dramatik, diese Dringlichkeit - sie mahnt uns alle zu großer Eile - und zu entschlossenem Handeln!", sagte Steinmeier. "Die internationale Politik - wie übrigens auch das Klima - ist ein schwerfälliger Tanker, vor allem, wenn er einmal richtig in Fahrt gekommen ist", sagte Steinmeier. "Und vielleicht möchte so mancher, der sich heute noch von der Kommandobrücke ins Beiboot verabschiedet, in ein paar Jahren doch wieder an unser großes Schiff andocken."

Bei der Weltklimakonferenz geht es um die konkrete Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, das die Erderwärmung auf ein noch handhabbares Maß begrenzen soll. Das Treffen steht aber auch unter dem Eindruck des angekündigten Ausstiegs der USA aus dem Vertrag.

(ate/dpa/reu/afp)
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