Vor Merkels Treffen mit Trump Mein Brief an die Vertreterin einer besseren Welt

Düsseldorf · Am Freitag trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel US-Präsident Donald Trump. Unser Autor hat ein paar Wünsche und schreibt ihr einen Brief für den Flug.

 Angela Merkel mit Olivia Jones bei der Bundespräsidentenwahl im Februar 2017.

Angela Merkel mit Olivia Jones bei der Bundespräsidentenwahl im Februar 2017.

Foto: dpa, pgr

Sie werden sich wundern, wie es dieser Brief in Ihre Handtasche geschafft hat. Sie wollten sicher lieber noch eine Weile schlafen, bevor Sie in wenigen Stunden auf den amerikanischen Präsidenten Donald Trump treffen. Ich möchte es Ihnen gerne verraten, aber bitte lassen Sie mich vorher ein paar Worte sagen.

Machen wir uns nichts vor: Zu anderen Zeiten hätte ich nicht meine ganze Hoffnung in Sie gesetzt. Sie stehen einer Partei vor, deren Weltbild mit meinem nur in wenigen Punkten übereinstimmt. Ich bin noch jung und naiv genug, um links von der CDU zu wählen. Aber in Ermangelung an Alternativen, in Ermangelung an anderen liberalen Politikern von Weltrang spreche ich Ihnen mein Vertrauen aus (was nicht heißt, dass ich Ihre Partei im September wählen werde). Sie sind eine Konservative, aber Konservative können ja auch das Gute bewahren.

Sie haben sich also dazu entschlossen, den neuen US-Präsidenten näher kennenzulernen, am Freitag treffen Sie sich. Grundsätzlich begrüße ich das, denn unberechenbare Präsidenten werden nicht berechenbarer, indem man sie ignoriert. Doch ich habe gelesen, dass Sie die Chefs von Siemens und BMW mitgenommen haben. Nun ist meine Sorge, dass es lediglich darum geht, den störungsfreien Handel zwischen Deutschland/Europa und den USA zu bewahren.

Doch das, liebe Frau Merkel, wäre viel zu wenig. Der Welthandel ist meine geringste Sorge. Die Welt ist meine Sorge. Sie fliegen nicht als Vertreterin der deutschen Wirtschaft zu Herrn Trump. Sie fliegen auch nicht nur als Vertreterin Deutschlands, nicht nur als Vertreterin Europas. Sie fliegen als Vertreterin einer liberalen, demokratischen Gesinnung, von denen es in dieser Größenordnung nicht mehr viele gibt.

Und deshalb erwarte ich von Ihnen, dass sie Herrn Trump an das Recht von Menschen in Not erinnern, in anderen Ländern Zuflucht zu suchen. Dass sie ihm deutlich machen, dass ein arabischer Muslim denselben Wert und dieselben Rechte hat wie ein amerikanischer Christ. Weil Herkunft niemanden zum Täter macht. Dass sie ihm klarmachen, dass man sein Land zwar lieben darf, aber andere nicht geringschätzen. Dass er sich über Andersdenkende zwar nicht freuen muss, sie aber zumindest wie Menschen behandeln soll. Dass eine Presse nicht lügt, nur weil sie berichtet, was ihm nicht passt.

Mir ist bewusst, dass ein guter Politiker auch immer ein guter Diplomat zu sein hat — auch wenn sich einige Vertreter daran gerade nicht halten. Das heißt, Sie können nicht einfach gegenüber von Trump Platz nehmen und vier Stunden lang den Kopf schütteln, auch wenn es angebracht wäre. Sie können ihm nicht vier Stunden den Vogel zeigen, ihn vier Stunden auslachen oder vier Stunden beschimpfen.

Seien Sie bitte etwas höflicher und diplomatischer, als er es verdient hat, aber nur gerade so, dass es Trump auffällt. Doch seien Sie ansonsten so unnachgiebig, so klar, so deutlich, wie es einer Politikerin angemessen ist, die für eine bessere, freiere, freundlichere Welt steht als ihr Gegenüber.

Donald Trump ist wie ein Siebenjähriger, der so wenig weiß, dass er denkt, er müsse nichts mehr lernen. Wenn er am Ende Ihres Gesprächs zumindest begriffen hat, dass es noch Menschen mit Benehmen gibt und dass diese Menschen gewisse Vorbehalte gegen ihn haben, ist schon viel gewonnen.

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Auch wenn es wahrscheinlicher ist, dass er Ihnen sowieso nicht zuhört und schon überlegt, welchen Film er sich abends im Kabelfernsehen anschauen will.

Wie der Brief es in Ihre Handtasche geschafft hat? Das wüsste ich auch gerne.

Herzlichst,

Ihr Sebastian Dalkowski

(seda)
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