Kommentar zum neuen Kabinett Merkel stiehlt Seehofer und Gabriel die Show

Auf der Zielgeraden des langen Laufs zu einer neuen Regierung hat Kanzlerin Merkel ihren neuen Koalitionspartnern die Show gestohlen: Mit der Entscheidung, Ursula von der Leyen zur ersten Verteidigungsministerin Deutschlands zu machen, beweist Merkel beiläufig ihre Souveränität und die Modernität ihrer Partei.

 Angela Merkel blieb am Wochenende der großen Koalition das letzte Wort. Zuvor hatte sie mit der Personalie von der Leyen wohl auch den größten Coup gelandet.

Angela Merkel blieb am Wochenende der großen Koalition das letzte Wort. Zuvor hatte sie mit der Personalie von der Leyen wohl auch den größten Coup gelandet.

Foto: ap, Michael Sohn

Für von der Leyen ist das neue Amt die große Chance, sich als Merkels Nachfolgerin aufzubauen. Gelingt es der ehrgeizigen Niedersächsin, sich auf dem Schleudersitz zu halten, dann könnte sie nach der ersten Verteidigungsministerin die zweite Kanzlerin der Republik werden.

Merkel wiederum würde damit das Kunststück vollbringen, dass ein Kanzler erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik seine eigene Nachfolge geordnet organisiert.

So mächtig waren die Frauen in einer deutschen Regierung noch nie. Verfängt sich von der Leyen jedoch in den Fallstricken des Verteidigungsministeriums, dann wird es ihr auch nicht besser ergehen als ihren vielen glücklosen männlichen Vorgängern.

Merkels Coup überdeckt Schwachstellen

Der neue Glamour von Merkels Personalpolitik überdeckt, dass die Union für das Bündnis mit der SPD einen hohen Preis zahlt. Der Koalitionsvertrag trägt eine starke SPD-Handschrift, die eine sozialdemokratische Regierung mit bürgerlichem Image erwarten lässt.

Für die CDU besteht die Herausforderung darin, aus ihren Ministerien die Zukunftsressorts zu zimmern. Mit einem breit aufgestellten Innenministerium, Bildung und einem Gesundheitsressort, das den demografischen Wandel im Blick hat, kann das gelingen. Als Fehler wird sich wohl erweisen, dass die Union mit der Abgabe des Familienministeriums ihren gesellschaftspolitischen Anspruch preisgibt.

Gabriel spielt Hopp oder Topp

Die CSU hat in der Regierung an Gewicht verloren. Die Hoffnung liegt allein auf dem bisherigen Generalsekretär Alexander Dobrindt, der als Verantwortlicher für Verkehr und Digitales das Bild des modernen Bayern mit Laptop und Lederhose in Berlin vertreten soll.

Das wichtige Projekt der Energiewende liegt mit dem Super-Ministerium für Wirtschaft und Energie sowie dem Umweltministerium in den Händen der Sozialdemokraten. Ob dies für Gabriel den erhofften strategischen Vorteil bringt, wird sich in mühsamen Verhandlungen mit den rot-grün geführten Bundesländern über die Energiewende erweisen.

Über das Arbeits- und Sozialministerium hat die SPD die Chance, mit Rentengeschenken und dem Mindestlohn Punkte in der Bevölkerung zu sammeln und Boden bei ihren weiter schlechten Umfragewerten wett zu machen.

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(qua)
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