Pressekonferenz zur Terrorgefahr Angela Merkels große Bewährungsprobe

Meinung | Düsseldorf · Nach den Bluttaten von Würzburg, München und Ansbach hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Urlaub unterbrochen, um in einer vorgezogenen Sommerpressekonferenz die Linien ihrer Politik neu herauszuarbeiten. Eine Korrektur des "Wir schaffen das" lehnte sie ab.

Merkel: "Schlimm ist allgemeine Verunsicherung"
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Foto: afp

Sie kam mit einem Neun-Punkte-Plan in die Bundespressekonferenz, wollte staatliches Handeln in Zeiten wachsender und Deutschland erreichender Terrorgefahren signalisieren. Doch den Versuch, die Zweifler und Gegner, die Verunsicherten und Erschreckten auch emotional zu erreichen, unternahm sie erst gar nicht.

Was sie einem Passanten auf der Straße antworte, der ihre Politik der Willkommenskultur verantwortlich mache für die Terroranschläge, lautete die Vorlage. Und ihre Antwort: Das habe sie nicht allein entschieden, und das Gegenteil einer Willkommenskultur, die Verweigerung einer humanitären Verantwortung hätte auch zu negativen Folgen geführt, was sie Deutschland nicht empfehlen könne. Wen will sie damit überzeugen?

Ganz offensichtlich hat sich diese Kanzlerin entschieden, nicht durch große Worte und schön klingende Botschaften zu überzeugen, sondern Vertrauen vor allem durch Arbeiten an vielen Details zurück gewinnen zu wollen. Dabei redet sie andererseits auch nicht um klare Aussagen herum. Sie wartete nicht erst darauf, dass ihr die Frage gestellt wurde, ob sie noch zu ihrem "Wir schaffen das" stehe, sondern wiederholte es mehrfach, die Herausforderungen durch den Terrorismus mit einbeziehend.

Ein Schlüsselwort fiel dabei ebenfalls: Bewährung. Aus Merkels Sicht wird durch Flüchtlinge und Terror vieles auf die Probe gestellt. "Wir haben es mit einer großen Bewährungsprobe zu tun", sagte sie als Zusammenfassung ihres Neun-Punkte-Kataloges von Nachbesserungen. Bemerkenswerterweise gehört der Bundeswehreinsatz im Innern auch dazu. Hier ist vielleicht die sichtbarste Korrektur einer CDU-Kanzlerin zu erkennen: Der SPD erst eine Einigung auf eine Beteiligung der Truppe an Terrorgroßlagen im neuen Weißbuch theoretisch abzuringen — und dann nach den ersten Terrortaten das auch sogleich in praktischen Simulationen einüben zu lassen.

Pressestimmen zur Pressekonferenz von Angela Merkel
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Pressestimmen zu Merkels Fragerunde

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Mehr Sicherheitspersonal, bessere Ausstattung, zusätzliche Strukturen zur Internet-Überwachung, schnellere Abschiebungen. Es lässt sich nicht behaupten, diese Kanzlerin stelle sich nicht an vielen Stellen auf die veränderte Situation ein, so lange es um die Administrierung eines staatlichen Kraftaktes geht. Doch denen, die von ihr ein Eingeständnis hören wollen, mit der Flüchtlingspolitik Fehler gemacht zu haben, kommt sie keinen Millimeter entgegen. Hier steht sie weiter zu allen Grundentscheidungen. Ja, sie will nicht einmal davon sprechen, dass die Bewältigung der Flüchtlingskrise die größte Herausforderung ihrer Kanzlerschaft sei. Es sei "eine" Herausforderung, da habe es eine ganze Reihe anderer gegeben.

Aber Bankenkrise, Eurokrise, Atomausstieg werden bei der Betrachtung von Merkels Kanzlerschaft einst mehr oder weniger spannende Passagen sein. Das entscheidende Kapitel handelt vom drohenden Auseinanderbrechen einer Gesellschaft, vom Erstarken des Rechtsextremismus und wird mit Flüchtlingskrise und Terrorbedrohung überschrieben sein. Das Stichwort dafür hat Merkel selbst geliefert: Die Bewährungsprobe für Deutschland bedeutet vor allem, dass Merkel selbst eine Kanzlerin ist, die sich bewähren muss.

Das verbindet letztlich das Wort Bewährung aus dem Strafrecht mit dem Merkel-Kurs im Sommer der Herausforderungen: Entscheidend sind nicht große Versprechungen, allein die Ergebnisse zählen. Damit einher geht zugleich das Risiko, dass Skeptiker, Gegner und Scharfmacher emotional weiter an Boden gewinnen, weil Empathie und große Erzählungen nicht zu den Stärken dieser Kanzlerin gehören.

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