Angriff auf türkischstämmige Abgeordnete Der Aufstand der Demokraten

Meinung | Berlin · Seit Tagen sorgt der Angriff des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf elf türkischstämmige Abgeordnete des Bundestages für Furore. Nun erhalten sie sogar Polizeischutz. So weit darf der Einfluss eines anderen Landes nicht nach Deutschland hinein reichen, meint unsere Kommentatorin.

Recep Tayyip Erdogan: Das ist der türkische Staatspräsident
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Das ist Recep Tayyip Erdogan

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Wenn sich Bundestagsabgeordnete nicht mehr zu Wort melden, weil sie sich vor Repression und Gewalt fürchten, haben der türkische Präsident Erdogan und ähnlich denkende Landsleute ein Ziel bereits erreicht: Sie schüchtern Andersdenkende ein, machen sie mundtot — und zwar nicht nur im eigenen Land, sondern jetzt sogar auch in Deutschland.

Das ist ein Unding. Es darf nicht sein, dass der Arm des autokratischen Regimes in Ankara bis in die demokratische Bundesrepublik reicht. Der Bundestag, die Bundesregierung, die türkischen Verbände in Deutschland, die Zivilgesellschaft — sie alle müssen sich schützend vor die elf Bundestagsabgeordneten stellen, die sich massiven Bedrohungen und Beleidigungen ausgesetzt sehen, weil sie im Bundestag ihre Meinung vertreten haben.

Bundestagspräsident Norbert Lammert hat ausreichend klare Worte gefunden und die Anfeindungen scharf verurteilt. Aus der Bundesregierung ist die Unterstützung für die elf Parlamentarier dagegen noch zu wenig wahrnehmbar. Auch die Kollegen im Bundestag könnten deutlich mehr Solidarität zeigen. Vor allem aber ließen die Solidaritätsadressen mancher muslimischer Verbände in Deutschland auf sich warten. Ditib, die türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion, reagierte allerdings spät und musste dazu auch erst aufgefordert werden. Das erinnert zuweilen an die Zögerlichkeit, mit der muslimische Verbände auf den islamistischen Terror in Paris und Brüssel reagiert haben.

Glasklar muss sein: Wer als Türke in Deutschland dauerhaft leben möchte, für den gelten das Grundgesetz und die deutsche Rechtsordnung. Meinungsfreiheit ist ein geschütztes Grundrecht. Repression und Gewalt gegen Andersdenkende duldet der Rechtsstaat nicht, Abgeordnete stellt er unter besonderen Schutz. Wer dieses Grundrecht auf Meinungsfreiheit nicht akzeptiert und Andersdenkenden sogar mit dem Tod droht, hat in diesem Land wirklich nichts (mehr) zu suchen.

(mar)
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