Zwei Jahre im Hinterhaus-Versteck Anne Frank gab den Opfern des Faschismus ein Gesicht

Frankfurt/Main (rpo). Das Schicksal von Anne Frank lässt niemanden unberührt. Gut zwei Jahre lang versteckte sie sich zusammen mit ihrer Schwester, ihren Eltern und vier weiteren Juden in einem Hinterhaus in Amsterdam. Am 4. August 1944 wurde das Versteck entdeckt. Am 12. Juni wäre sie 75 Jahre alt geworden. Sie hat Millionen Opfern der Nationalsozialisten ein Gesicht gegeben.

<P>Frankfurt/Main (rpo). Das Schicksal von Anne Frank lässt niemanden unberührt. Gut zwei Jahre lang versteckte sie sich zusammen mit ihrer Schwester, ihren Eltern und vier weiteren Juden in einem Hinterhaus in Amsterdam. Am 4. August 1944 wurde das Versteck entdeckt. Am 12. Juni wäre sie 75 Jahre alt geworden. Sie hat Millionen Opfern der Nationalsozialisten ein Gesicht gegeben.

Das nach Kriegsende veröffentlichte Tagebuch des Mädchens ist Bestandteil der Weltliteratur. Annes Eltern lebten in Frankfurt am Main; dort wurden Anne (1929) und ihre ältere Schwester Margot (1926) geboren. Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers emigrierte die Familie 1933 nach Holland - Annes Vater machte sich in Amsterdam mit einer Firma für Gewürze und Einmachhilfen selbstständig.

Als die Deutschen 1940 die Niederlande besetzten, wurde das Leben für Juden auch hier unerträglich. Sie mussten den Judenstern tragen, litten unter Berufsverboten und gesellschaftlicher Ausgrenzung. Es war ihnen sogar verwehrt, Straßenbahn und Auto oder zu fahren oder Kinos, Sportplätze und Schwimmbäder zu nutzen. Anne und ihre Schwester mussten das jüdische Lyzeum besuchen.

Zu dieser Zeit begann Anne damit, Tagebuch zu schreiben. Sie hatte das Büchlein am 12. Juni 1942 zu ihrem 13. Geburtstag bekommen und nannte es "Kitty". In Briefen an die fiktive Freundin Kitty schilderte sie ihren Alltag. Doch im Juli 1942 wurde die Bedrohung für die Familie Frank so groß, dass sie beschloss unterzutauchen. Vergeblich hatte Otto Frank zuvor versucht, sich und seine Familie im Ausland in Sicherheit zu bringen.

Das Versteck war bereits vorbereitet: Es lag im Hinterhaus des Betriebes von Annes Vater in der Prinsengracht 263. "Obwohl es feucht und ein bisschen schief ist, wird man wohl in ganz Amsterdam, ja vielleicht in ganz Holland, kein so bequem eingerichtetes Versteck finden", schrieb Anne in ihr Tagebuch. Zusammen mit der Familie Frank zogen dort Hermann van Pels, seine Frau und der 16-jährige Sohn Peter ein, der später Annes große Liebe sein wird. Im November 1942 folgte Fritz Pfeffer, ein Bekannter der Franks.

Heimlich von Angestellten versorgt

Die vier Angestellten von Otto Frank versorgten die Untergetauchten mit allem Notwendigen, obwohl sie sich dadurch in Lebensgefahr brachten. Ein schwenkbares Regal verbarg den Zugang zum Hinterhaus. Keiner ahnte, dass das Leben im Verborgenen so lange dauern und so tragisch enden sollte. Mehr als zwei Jahre lang konnten die acht Menschen ihren Unterschlupf nicht verlassen und an die frische Luft gehen.

1944 beschreibt Anne in ihrem Tagebuch den oft schwierigen Alltag: "Anfangs verstanden sich die acht recht gut miteinander. Aber immer häufiger brachen Konflikte auf. Ich frage mich, ob man mit allen Menschen, mit denen man so lange zusammenwohnt, auf die Dauer Streit bekommt." Trotz der schwierigen Situation erlebte Anne die ganz normalen Probleme der Pubertät - die zunehmende Distanz zu den Eltern, den Prozess der Selbstfindung, die erste Liebe mit allen Gefühlsschwankungen, die man sich denken kann. All das vertraute sie "Kitty" an, das eigentlich nie jemand hätte lesen sollen.

Im Sommer 1944 - die Alliierten sind bereits in der Normandie gelandet, die Hoffnung auf Befreiung ist zum Greifen nahe - wurde das Versteck in der Prinsengracht verraten. Alle acht Untergetauchten wurden am 4. August 1944 festgenommen und deportiert. Nur Otto Frank entging dem Tod. Er war in Auschwitz einer der knapp 8.000 Überlebenden, als das Lager befreit wurde. Anne und ihre Schwester waren kurz vorher nach Bergen-Belsen gebracht worden. In dem völlig überfüllten Lager waren die Lebensbedingungen entsetzlich. Beide Mädchen starben im Frühjahr 1945 an Typhus; der genaue Todestag ist nicht bekannt.

Anne wäre stolz über Veröffentlichung gewesen

Eine Angestellte Otto Franks hatte, nachdem das Versteck aufgeflogen war, Annes Tagebuch und ihre Aufzeichnungen in Sicherheit gebracht. Sie übergab die Unterlagen Annes Vater, als dieser nach Amsterdam zurückkehrte. 1947 veröffentlichte ein Verlag Auszüge daraus. "Wie stolz wäre Anne gewesen, wenn sie dies erlebt hätte", erklärte ihr Vater damals. Und auch ihre Freundin Jacqueline van Maarsen meinte: "Ich bin sicher, Anne hätte sich über die spätere Aufmerksamkeit gefreut!"

Das Buch war von Anfang an ein großer Erfolg in den Niederlanden, später auch in Deutschland und der ganzen Welt. Es wurde verfilmt und war Grundlage eines Theaterstücks. Das Versteck der Anne Frank ist heute ein Museum. Im vorderen Teil finden Veranstaltungen der nach ihr benannten Stiftung statt. Otto Frank, der 1980 starb, hatte sich dafür eingesetzt: "Es wäre nicht in Annes Geist gewesen, es nur als eine Erinnerungsstätte zu bewahren, um in fruchtloser Trauer zurückzublicken."

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