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Breite Unterstützung für Ministerin in Plagiatsaffäre Annette Schavan kämpft um ihr Amt

Berlin · Ein seltenes Bild in der Bundesregierung: Als Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) am Mittwochmorgen im Kanzleramt in Berlin zur Kabinettssitzung eintrifft, erntet sie aufmunternde Gesten von den Ressortkollegen. Noch gibt es keine Rücktrittsforderungen wegen der Plagiatsaffäre um Annette Schavan. Doch die Ministerin könnte im Wahlkampf zur Belastung werden.

Das ist Annette Schavan
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Ein freundlicher Händedruck von Bundeskanzlerin Angela Merkel, ein Klaps von Entwicklungsminister Dirk Niebel und nette Worte von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (beide FDP). Ein erfahrener Unions-Minister rät: "Durchhalten."

Seitdem der Fakultätsrat der Uni Düsseldorf in der Plagiatsaffäre um Schavans Doktorarbeit am Dienstagabend mit 14 Ja-Stimmen und einer Enthaltung das Verfahren zur Aberkennung des Doktortitels eingeleitet hat, steht die Neusserin unter Druck wie nie in ihrer fast 40-jährigen politischen Karriere. Zwar betonte der Vorsitzende des Fakultätsrats, Bruno Bleckmann, das Verfahren sei "ergebnisoffen". Doch lastet der Plagiatsvorwurf schwer auf der Ministerin, die als Ressortchefin für Bildung und Forschung die Freiheit und Reinheit der Lehre verteidigen muss.

Schavan will nicht klein beigeben. Sie habe sich in den acht Monaten seit Bekanntwerden der Vorwürfe intensiv mit dem Text ihrer Dissertation befasst und mit zahlreichen Fachwissenschaftlern gesprochen, ließ Schavan am MIttwoch mitteilen. Sie sehe sich dadurch in ihrer Überzeugung bestärkt, "dass meine Dissertation kein Plagiat ist". Sie gehe davon aus, dass die Uni nun einen "externen Fachgutachter" anhöre. Bislang stützt sich der Fakultätsrat auf das Erstgutachten des Judaistik-Professors Stefan Rohrbacher. Er hatte Schavan eine "leitende Täuschungsabsicht" vorgeworfen.

Gröhe: "Habe volles Vertrauen in Schavan"

Breite Unterstützung erfährt die 57-Jährige aus Wissenschaft und Politik. "Sie hat die gegen sie erhobenen Vorwürfe von Anfang an entschieden zurückgewiesen. Dem vertraue ich uneingeschränkt", sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe: "Ich habe volles Vertrauen in Annette Schavan." Gröhe verwies auf die Unterstützung für Schavan in der Wissenschaft. "Zu Recht hat die Allianz der Wissenschaftsorganisationen ein Mehraugen-Prinzip sowie die Trennung von Gutachtern und Entscheidern angemahnt. Dies muss der Fakultätsrat sicherstellen."

Der Schweizer Plagiatsforscher Philipp Theisohn hatte in unserer Redaktion erklärt, dass die Arbeitsmethoden vor 30 Jahren anders gewesen seien und er bei Schavans Arbeit kein Plagiat erkennen könne. Der Berliner Staatsrechtler Rüdiger Wolfrum kritisierte "Defizite" im Verfahren der Universität Düsseldorf und verlangte einen externen Gutachter, der mit dem Fach vertraut sei. Der Präsident der Berliner Humboldt-Universität, Jan-Hendrik Olbertz, bezeichnete es gar als zwingend, "dass ein zweites, unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben wird".

Schavan hatte 1980 im Fachbereich Erziehungswissenschaften über "Gewissen und Person" promoviert. Das Urteil fiel damals eindeutig aus. Mit "magna cum laude" (sehr gut) bewertete der Erziehungswissenschaftler Gerhard Wehle die Dissertation. Der Zweitgutachter der Universität Düsseldorf schloss sich dem an.

Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hält weiter zu Annette Schavan. Die beiden gelten seit vielen Jahren als Vertraute. "Die Kanzlerin schätzt ihre Arbeit und hat volles Vertrauen in ihre Arbeit", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Trittin warnt vor Vorverurteilung

Doch je näher der Termin der Bundestagswahl rückt, desto nervöser dürften die Christdemokraten werden. Eine angeschlagene Ministerin kann im Wahlkampf zur Belastung werden. Noch hält sich aber selbst die Opposition bedeckt: "Ich rate allen dazu, dieses Verfahren abzuwarten. Solange das Verfahren läuft, gilt die Unschuldsvermutung", sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin.

Wenn das Verfahren zu dem Ergebnis käme, dass Schavans Versäumnisse so schwerwiegend seien, dass ihr der Doktorgrad aberkannt wird, dann wäre sie als Ministerin für Forschung nicht mehr tragbar, betonte er. Zugleich nahm Trittin die Uni Düsseldorf gegen Kritik aus der Wissenschaft in Schutz: "Die Universität hat sich entsprechend ihren Regeln verhalten. Aus der Sphäre der gewählten Politik gebietet es der Respekt vor der Wissenschaft, das Urteil, das im Rahmen eines solchen Verfahrens gefällt wird, auch zu akzeptieren. "

Annette Schavan will derweil ihr Amt wie gewohnt ausüben. Es gebe keine Änderungen im Terminplan, hieß es gestern im Bildungsministerium in Berlin. Am Freitag will sie sich in ihrem Wahlkreis in Ulm erneut als Spitzenkandidatin der CDU für den Bundestag aufstellen lassen. Ihre Nominierung gilt als sicher.

(brö/qua)
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