Bericht zu Weihnachtsmarkt-Anschlag Fahndung nach Anis Amri startete offenbar zu spät
Berlin · Der Berliner Polizei werden schwere Versäumnisse vorgeworfen: Nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt soll die Fahndung nach dem Attentäter zu spät eingeleitet worden sein. Anis Amri soll deshalb mehrere Stunden die Möglichkeit gehabt haben, sich ungehindert in der Stadt zu bewegen.
Das berichten der Rundfunksender RBB und die "Berliner Morgenpost" am Freitag übereinstimmend. Sie berufen sich auf einen polizeiinternen Bericht zum Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz Ende des vergangenen Jahres. Dem Sender und der Zeitung lagen nach eigener Darstellung das 120 Seiten starke Dokument einer "Nachbereitungskommission" vor.
Demnach soll die Polizei deutlich zu spät reagiert haben. Die bei Terroranschlägen vorgesehene Fahndung ("Maßnahme 300") sei erst nach mehr als drei Stunden eingeleitet worden, zitieren der Rundfunksender und die Zeitung aus dem Bericht. Bis zu diesen Zeitpunkt hätten die Beamten weder die Umgebung am Breitscheitplatz abgesucht, noch seien Straßen und Bahnstrecken als Fluchtwege kontrolliert worden.
Das Berliner Landeskriminalamt sei zwar früh davon ausgegangen, dass ein Terroranschlag vorliege, berichten Sender und Zeitung weiter. Aber der diensthabende Polizeiführer habe die Lage als "Verdachtsfall Amok" eingestuft. Der Grund sei gewesen, dass schon eine halbe Stunde nach der Attacke mit dem Lkw ein Verdächtiger festgenommen worden war. Allerdings stellte sich heraus, dass der festgesetzte Mann nichts mit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt zu tun gehabt hatte.
Der Attentäter Anis Amri konnte ungehindert aus Berlin flüchten und wurde erst einige Tage später in Norditalien von der Polizei erschossen. Er hatte einen Lastwagen entführt und ihn am 19. Dezember in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gesteuert. Insgesamt starben zwölf Menschen, fast 70 wurden verletzt.
"Mit der Nachbereitungskommission wollten wir eine schonungslose Analyse der Abläufe vornehmen und Schwachstellen aufzeigen", sagte der Sprecher des Innensenats, Martin Pallgen, am Freitag. "Wenn Fehler passiert sind, ist es richtig und wichtig, darüber zu sprechen."