Flüchtlingskrise Armin Laschet: 10 Punkte für mehr Europa

Düsseldorf · Als Antwort auf die Flüchtlingskrise fordert NRW-CDU-Chef Armin Laschet eine stärkere Verflechtung Europas. Dazu gehören ein gemeinsames Asylrecht, eine EU-Wirtschaftsregierung und eine eigene Verfassung.

 NRW-CDU-Chef Armin Laschet.

NRW-CDU-Chef Armin Laschet.

Foto: dpa, mb fdt

Der Vorsitzende der NRW-CDU, Armin Laschet, hat sich als Konsequenz aus der Flüchtlingskrise für umfassende Schritte zur Vertiefung der Zusammenarbeit in der Europäischen Union und eine Neubelebung der Debatte um eine Europäische Verfassung ausgesprochen. Das geht aus einem Zehn-Punkte-Papier des stellvertretenden CDU-Vorsitzenden hervor, das unserer Redaktion vorliegt. Gäbe es die Europäische Union nicht, "man müsste sie jetzt gründen", schreibt Laschet. Der Nationalstaat alleine sei nicht in der Lage, globale Krisen zu lösen. Die aktuelle Flüchtlingskrise könne für Europa "der Moment der Entscheidung" werden, so Laschet. Eine Entscheidung hin zu mehr Europa, wenn es nach ihm geht.

Europäischer Grenzschutz

Zu diesem "Mehr Europa" gehören nach Ansicht des Vizechefs der CDU zunächst der Aufbau eines europäischen Asylsystems sowie die Einrichtung von Erstaufnahmestellen in Griechenland und Italien. Notwendig sei ein "fairer und an der Leistungsfähigkeit der Mitgliedsstaaten orientierter Schlüssel zur Verteilung schutzbedürftiger Asylbewerber", so Laschet. Um die Flüchtlingsbewegungen an den Grenzen besser steuern und reduzieren zu können, soll ein europäischer Grenzschutz aufgebaut werden. "Gut gesicherte Außengrenzen bilden die Grundvoraussetzung für ein europäisches Asylsystem und die mögliche Einführung eines gesamteuropäischen Flüchtlingskontingents", heißt es in dem Papier. Dazu gehörten auch eine europäische Küstenwache und eine europäische Grenzschutzpolizei.

Laschet unterstützt auch jüngste Vorschläge von Bundesbank-Chef Jens Weidmann und dem französischen Notenbankchef François Villeroy de Galhau zur Schaffung einer Wirtschaftsregierung in der Eurozone. Diese müsste eine eigenständige Konjunktur- und Wirtschaftspolitik betreiben dürfen und von einem europäischen Finanzminister geführt werden. Dieser Superfinanzminister soll dann auch über die Verwendung der Mittel "eines eigenen Eurozonen-Haushalts" verfügen und über die Stabilitätskriterien im Euro-Raum wachen. Außerdem soll er die Kompetenz bekommen, rechtzeitig gegen (Haushalts-)Verstöße vorzugehen. Wie dieser Eingriff und mögliche Sanktionen aussehen könnte, lässt Laschet indes offen.

EU braucht Geheim- und Nachrichtendienst

Im Bereich der Inneren Sicherheit schlägt der nordrhein-westfälische CDU-Chef den Aufbau eines gemeinsamen Terrorabwehrzentrums und einen automatischen Datenaustausch zwischen allen Sicherheitsbehörden über potentielle Gefahren und Gefährder vor. Mittelfristig soll die EU einen europäischen Geheim- und Nachrichtendienst aufbauen, fordert Laschet. Und: Die Debatte um eine eigene europäische Verfassung müsse wiederbelebt werden.

Der NRW-CDU-Chef präsentiert seine Vorschläge für eine stärkere Integration Europas ausgerechnet in einer Phase, in der Europa wegen der Flüchtlingskrise auseinanderzufallen droht. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte unlängst vor einem "Scheitern" Europas. Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht die "Zukunftsfähigkeit" der Union in Gefahr, sollten sich die Staaten nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen.

Quotensystem rückt in weite Ferne

Eine Woche vor dem EU-Türkei-Gipfel zur Flüchtlingskrise ist die Liste der Streitthemen noch lang: Das Dublin-Abkommen zur Registrierung von Flüchtlingen ist weiterhin außer Kraft, eine neue Vereinbarung für eine faire Lastenverteilung scheitert bislang am Widerstand einer Reihe von EU-Staaten. Einige Länder haben eigenständig ihre Grenzen geschlossen und damit den freien Grenzverkehr ("Schengen"-System) ausgesetzt. Das von der EU-Kommission geforderte europaweite Quotensystem zur Verteilung von Flüchtlingen rückt in weiter Ferne.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat bei einem Besuch in Italien gestern zu mehr Mut und Gemeinsinn in Europa aufgerufen. "Europa ist in keiner guten Situation heute, es braucht frischen Wind", sagte Schulz. Ob die Ideen des NRW-CDU-Vorsitzenden dazu beitragen, wird sich zeigen. Der Landesvorstand ist mit Laschets Thesen bislang noch nicht befasst worden.

(brö)
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