Streit um Transitzonen Asyl: Schnellverfahren in Bayern

Berlin · Merkel und Seehofer einigen sich auf die rasche Bearbeitung von Asylanträgen direkt an den deutschen Grenzen. Die SPD lehnt den Plan ab. Die Kanzlerin will mit dem Koalitionspartner sprechen.

Flüchtlinge stellen Deutschland vor organisatorische Herausforderung
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Foto: dpa, car pzi

In der schwarz-roten Koalition ist ein heftiger Streit über den Plan der Union entbrannt, den Flüchtlingszuzug durch die Einrichtung neuer sogenannter Transitzonen an der Grenze einzudämmen. Führende SPD-Politiker lehnten die Pläne am Montag vehement ab, obwohl sich etwa SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann zuvor gesprächsbereit gezeigt hatte.

In den Wartezonen an der Grenze wollen CDU und CSU schon vor der Einreise in Schnellverfahren klären, ob ein Asylbewerber eine Bleibeperspektive hat. Bewerber aus sicheren Herkunftsländern oder ohne Ausweispapiere sollen bereits an der Grenze zurückgewiesen werden können.

Die Ablehnung der SPD erschwert der unter Druck stehenden Regierungsspitze die Lösung der Flüchtlingskrise. Erst am Wochenende hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem Druck von CSU-Chef Horst Seehofer gebeugt und dem Vorschlag der Transitzonen zugestimmt. Bei einer CDU-Veranstaltung im niedersächsischen Stade sagte Merkel gestern Abend jedoch: Die Transitzonen würden "nicht für Tausende und Abertausende von Flüchtlinge helfen".

Die Idee stammt von Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Ein ausgearbeitetes Konzept soll nach den Worten von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) in wenigen Tagen vorliegen. Gespräche der Parteichefs dazu werde es demnächst geben, so Seehofer. "Ich halte solche Transitzonen für sinnvoll", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder. "Die Koalition wird das jetzt vorbereiten. Transitzonen an den Landgrenzen stehen grundsätzlich im Einklang mit einer EU-Verfahrensrichtlinie, an deren Umsetzung wir arbeiten."

Dagegen erklärte die Beauftragte der Regierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Aydan Özoguz (SPD), sie halte Transitzonen für äußerst fraglich. "Wir müssten die gesamte Grenze kontrollieren und aus diesen sogenannten Transitzonen eine Art Haftanstalt für Männer, Frauen und Kinder machen." Das sei "weder praktikabel noch unter humanitären Gesichtspunkten denkbar". Die Koalition solle sich auf machbare Vorschläge konzentrieren und nicht "mit Pseudo-Lösungen Zeit verlieren". Ähnlich scharfe Worte kamen von Oppermann und Justizminister Heiko Maas (SPD). NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) bezeichnete den Vorschlag als "Schnellschuss". Es gebe "derzeit noch zu viele unbeantwortete Fragen". Er halte Transitzonen an den Grenzen für "verfassungsrechtlich höchst bedenklich". Auch sei er sehr skeptisch, ob der Plan umsetzbar sei. "Außerdem lassen sich Menschen, die um ihr Leben laufen, nicht von Transitzonen, Zäunen oder Grenzen aufhalten."

Jäger ließ allerdings ein Hintertürchen offen. "Das Kanzleramt muss erst mal ein belastbares Konzept vorlegen", sagte er. Ähnlich abwartend äußerte sich SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Man sollte nicht sofort jeden Vorschlag ablehnen. Der Plan müsse mit "Substanz" gefüllt werden. Sie könne mit dem Vorschlag "zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts anfangen".

Transitzonen gibt es bereits an großen Flughäfen. Dort werden Asylbewerber festgehalten, wenn sie aus einem sicheren Herkunftsland kommen oder keine Ausweispapiere haben. Nach den Worten Jägers betraf das Flughafenverfahren 2014 nur 700 Personen. De Maizière hat bereits einen Gesetzentwurf vorbereitet, mit dem Transitzonen auch an den Grenzen möglich werden. Er sieht vor, Flüchtlinge maximal für eine Woche in den Transitbereichen festzuhalten.

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(mar / jd/ qua)
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