Gerichtsbeschluss Asylbewerber darf nicht nach Ungarn abgeschoben werden

Köln · Ein Iraker darf nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln nicht nach Ungarn abgeschoben, obwohl er dort schon als Asylberechtigter registriert ist. Dem stünden Mängel im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen dort entgegen, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil.

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Foto: dpa, bom fdt Ken jol

In Ungarn können laut der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts rücküberstellte Personen bis zu sechs Monate in Haft genommen werden, wovon die Behörden auch flächendeckend und ohne Einzelfallprüfung Gebrauch machten. Einen Rechtsschutz gegen die Verhängung der Haft gebe es in Ungarn praktisch nicht. Asylhäftlinge würden zu Auswärtsterminen bei Behörden oder Ärzten in erniedrigender Weise "angeleint" vorgeführt. Eine medizinische Betreuung sei oft nicht gewährleistet. Auch erfüllten die Hafteinrichtungen nicht die hygienischen Mindeststandards.

Zudem seien die Aufnahmekapazitäten in Ungarn völlig erschöpft, so das Gericht. 2.500 Plätzen stünden rund 70.000 im ersten Halbjahr 2015 eingereiste Flüchtlinge gegenüber. Von einer menschenunwürdigen Unterbringung weiterer Flüchtlinge könne nicht ausgegangen werden.

Mit dem Urteil setzte sich der Iraker gegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch. Dieses hatte bei der Prüfung des Asylantrags festgestellt, dass der Iraker bereits von den ungarischen Behörden registriert wurde und wollte ihn nach den europarechtlichen Regeln (Dublin-III-Verordnung) dorthin zurückschicken. Der Iraker machte geltend, dass er als Opfer eines Bombenanschlags eine Auge und einen Teil eines Beins verloren habe, sich in Ungarn aber niemand um seine Verletzungen gekümmert habe. Gegen das Urteil kann binnen eines Monats Berufung eingelegt werden, wie es hieß.

(KNA)
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