Attentate auf Politiker Wolfgang Schäuble und Oskar Lafontaine machten weiter

Berlin · Der Angriff auf Henriette Reker ähnelt fast schon frappierend den früheren Attentaten auf deutsche Politiker, die oft von vermeintlich verwirrten Einzeltätern verübt wurden.

Attentate auf Politiker: Wolfgang Schäuble und Oskar Lafontaine machten weiter
Foto: dpa, hka htf

Am 12. Oktober desselben Jahres wurde der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei einem Auftritt im badischen Oppenau von dem 36-jährigen Dieter Kaufmann niedergeschossen. Schäuble überlebte schwer verletzt, ist seither vom dritten Brustwirbel abwärts gelähmt. Auch Kaufmann galt als psychisch krank.

Es liegt nahe zu vermuten, dass manche psychisch kranke Menschen auf emotionale und polarisierende politische Debatten mit Gewaltausbrüchen reagieren. Ob dies auch für Rekers Attentäter zutrifft, muss die Staatsanwaltschaft erst noch abschließend klären. Nach Ansicht eines Gutachters ist der 44-Jährige jedenfalls voll schuldfähig. Ein ausländerfeindlicher, rassistischer Hintergrund ist wahrscheinlich. Rekers Attentäter soll nach einem Medienbericht in den 90er Jahren der rechtsextremen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei nahegestanden haben.

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Auch Schäuble und Lafontaine wurden als Repräsentanten des Staates und der Politik angegriffen, doch sie wurden eher willkürlich zum Ziel gewählt. Adelheid Streidel gab damals bei ihrer Vernehmung an, sie habe Lafontaine als Ziel ausgesucht, weil der ebenfalls bei der Veranstaltung anwesende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau zu weit entfernt stand. In ihren Notizen fanden sich auch die Namen von anderen Spitzenpolitikern wie Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher.

Der ebenfalls an einer Psychose erkrankte Kaufmann machte den Staat für sein verpfuschtes Leben verantwortlich und suchte sich für seine Rache Schäuble aus, der damals Innenminister war. Auch lag der Ort, an dem Schäuble auftrat, in der Nähe von Kaufmanns Wohnort.

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Merkwürdigerweise wählen die Attentäter sehr häufig Messer als ihre Waffen. Auch bei einer Wahlkampfveranstaltung in Kassel im Januar 1993 näherte sich eine Frau mit einem Messer dem damaligen SPD-Chef Björn Engholm. Kurz bevor sie zustechen konnte, wurde sie überwältigt. Auch diese Frau war geistig verwirrt. Im Juni 2000 hatte ein Unbekannter auch die Grünen-Parlamentarierin Angelika Beer in Berlin mit einem Messer angegriffen und am Arm verletzt. Beer hatte zuvor mehrere Morddrohungen erhalten. Eine geistig verwirrte Frau verletzte im Februar 2004 auch den damaligen Hamburger Justizsenator Roger Kusch bei einem Wahlkampfauftritt mit einem Messer.

Wenn es kein Messer — oder wie im Fall Schäubles eine Pistole war — bekamen es Politiker mit Stöcken zu tun. Im September 2002 wurde etwa der Grünen-Politiker Hans Christian Ströbele zwei Tage vor der Bundestagswahl von einem Mann von hinten mit einem Stock auf den Kopf geschlagen. Ströbele erlitt eine Gehirnerschütterung. Der aus der rechten Szene stammende Täter wurde festgenommen.

Schäuble und Lafontaine kämpften sich zurück und setzten ihre Karrieren fort — genauso wie alle anderen genannten Politiker, die von Einzeltätern angegriffen wurden.

(mar)
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