Steuersünder Auch Bayern und Baden-Württemberg erwägen CD-Kauf

München/Berlin (RPO). Immer mehr Datensätze mit angeblichen Steuersündern werden zum Kauf angeboten. Derzeit prüfen auch bayerische Finanzexperten und die Landesregierung in Baden-Württemberg den Kauf entsprechender CDs. In Stuttgart entzweit das Thema die schwarz-gelbe Koalition.

Die Prüfung eines Kaufs der Datensätze teilte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Samstagabend am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz mit. Die Entscheidung über den Kauf liege bei Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU). Ein Erwerb der Daten-CD komme aber nur in Frage, wenn dies rechtstaatlich zulässig sei.

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte am Samstag vorab berichtet, dass auch in Bayern Datensätze potenzieller Steuersünder angeboten worden seien. Die Steuerbehörden in München seien Kunden zweier Banken auf der Spur. Dabei handele es sich offenbar um eine kleine schweizerische Bank und ein Geldinstitut in Luxemburg. Aus dem Fürstentum sollen Daten von mehr als tausend deutschen Kunden angeboten worden sein.

CDU und FDP streiten in Stuttgart über CD-Kauf

Auch Baden-Württembergs Finanzminister Willi Stächele (CDU) ist fest entschlossen, die von einem Informanten angebotene CD mit Daten von mutmaßlichen Steuerbetrügern anzukaufen. "Ich bin für einen Ankauf, wenn er rechtsstaatlich konform ist", sagte Stächele der Zeitung "Bild am Sonntag". Der Informant habe sich Anfang letzter Woche bei der Steuerfahndung in Freiburg gemeldet und fordere 500 000 Euro für eine CD mit 1700 Namen mutmaßlicher Steuerhinterzieher, sagte Stächele dem Blatt.

52 Namen von Anlegern hat der Informant schon zur Probe geliefert. Er überreichte außerdem ein zweites Datenpaket von Depotauszügen, allerdings ohne Namen. Diese Informationen werden zur Zeit von der zuständigen Steuerfahndung überprüft.

Landesjustizminister Ulrich Goll (FDP) hatte sich skeptisch zu einem möglichen Erwerb der Datensätzen geäußert. "Wenn es Daten sind, die auf illegalem Weg ans Finanzministerium gekommen sind, werde ich mich bei einem Ankauf querstellen", sagte der stellvertretende Ministerpräsident dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Ich bin nicht der Meinung, dass man Geschäfte mit Ganoven machen darf, um an Kohle für die Staatsfinanzen zu kommen", sagte Goll.

Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) setzte für Montag eine außerordentliche Kabinettssitzung an, auf der das Kaufangebot von Daten potenzieller Steuersünder beraten werden soll. Die Daten betreffen laut "Focus" den Kundenstamm eines Vermögensverwalters, der Geld bei Banken und Versicherungen in der Schweiz anlegt.

Polizeigewerkschaft begrüßt Jagd auf Steuersünder

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) begrüßt die Jagd auf deutsche Steuersünder. "Die Bundesregierung und die NRW-Landesregierung haben den Kauf von Steuerdaten rechtlich eingehend geprüft und für unbedenklich erklärt, das ist eine wichtige politische Grundsatzentscheidung", sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt am Samstag in Berlin. Zugleich rügte er den Streit in Baden-Württemberg, wo CDU und FDP um den Ankauf weiterer Daten feilschen.

Dem Stuttgarter Finanzministerium waren Daten von rund 2000 möglichen Steuersündern aus dem gesamten Bundesgebiet angeboten worden. Während Baden-Württembergs Finanzminister Willi Stächele (CDU) sich aufgeschlossen gegenüber einem Kauf der Datensätze zeigt, kündigte Landesjustizminister Ulrich Goll (FDP) Widerstand an. "Wenn es Daten sind, die auf illegalem Weg ans Finanzministerium gekommen sind, werde ich mich bei einem Ankauf querstellen", sagte der stellvertretende Ministerpräsident dem "Focus". Man dürfe nicht "Geschäfte mit Ganoven" machen.

Wendt entgegnete, für Polizisten sei es "nahezu alltäglich", dass Informationen auch im kriminellen Milieu erlangt werden, um schwere Straftaten aufzuklären. "Wenn Justizminister Goll diese Art von Informationserhebung kritisiert, zeigt dies vor allem seine Unkenntnis derartiger Zusammenhänge." Im Übrigen gäbe Deutschland ein fatales Bild ab, "wenn sich in einzelnen Bundesländern Schutzräume für Steuerkriminelle entwickeln, die in anderen Ländern hinter Gittern landen".

Steuerfahndung Wuppertal offenbar vor Ankauf

Laut "Focus" will die Wuppertaler Steuerfahndung eine CD mit bis zu 1500 Namen deutscher Kunden einer Schweizer Bank an diesem Wochenende in Empfang nehmen. Der Anbieter habe eine Übergabe in Frankreich verlangt, um nicht in Deutschland verhaftet zu werden. Das Bundes- wie auch das nordrhein-westfälische Finanzministerium wollten sich zu Details des Datenkaufs erneut nicht äußern.

Schäuble mahnt zur Besonnenheit

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mahnte zur Besonnenheit im Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz. "Es gibt weder diplomatische Verwicklungen noch irgendwelche grundsätzlichen Verwerfungen", sagte der CDU-Politiker dem Nachrichtenmagazin "Focus" zufolge. Er habe mit seinem Kollegen Hans-Rudolf Merz telefoniert. "Wir haben unterschiedliche Meinungen zum CD-Ankauf. Das stimmt. Aber unser gutes Verhältnis ist dadurch in keiner Weise getrübt", wurde er weiter zitiert.

Einigkeit bestehe etwa, dass die Verhandlungen über ein Doppelbesteuerungsabkommen fortgesetzt und möglichst bald umgesetzt werden müssten. "Die Zusammenarbeit ist weiterhin vertrauensvoll", betonte Schäuble. Es gehe ihm nicht darum, die Schweiz anzugreifen. "Seit meinem Amtsantritt arbeite ich daran, das zu reparieren, was in der Vergangenheit zwischen der Schweiz und Deutschland zum Teil falsch verstanden wurde", sagte der Finanzminister in Anspielung auf Äußerungen Steinbrücks.

(DDP/sdr)
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