Strekit um Prism-Spähprogramm Auch deutsche Dienste nutzen US-Daten

Berlin · Von dem aktuellen Prism-Spähprogramm der Amerikaner wollen die deutschen Behörden aber nichts gewusst haben.

Die Aufregung ist riesig, das Wissen bleibt winzig: Zwar sollen vor allem Deutsche von dem amerikanischen Telefon- und Internetspähprogramm mit dem Codename "Prism" ausgeforscht worden sein. Doch die Bundesregierung kennt angeblich auch nur die Medienberichte darüber.

"Ich bin beruhigt, dass die deutschen Nachrichtendienste nicht an dem amerikanischen ,Prism'-Spähprogramm beteiligt waren", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, nach einer geheimen Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr).

Die Entscheidung der Bundesregierung sei richtig, die Amerikaner jetzt aufzufordern, den Vorgang lückenlos aufzuklären — "gerade weil unsere Dienste weder bei der Datensammlung kooperiert noch Daten wissentlich mitbenutzt haben", erklärte PKGr-Mitglied Grosse-Brömer weiter.

Diesen Auftrag unterstreicht auch Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele: "Ich verlange von der Bundesregierung, dass sie alle Möglichkeiten nutzt, um die ganze Geschichte aufzuklären." Dazu zählen für ihn vor allem die Fragen: "Was haben die Amerikaner an Daten erhoben, was haben sie damit gemacht und wie ist das rechtlich zu bewerten?"

Vor allem erwartet Ströbele, dass die deutschen Dienste ihre weltweite Präsenz nutzen, um Kontakt zum "Prism"-Urheber, dem geflüchteten IT-Experten Edward Snowden, aufzunehmen. Ströbele: "Der kann sicherlich sagen, was die Dienste mit ,Prism' gemacht und was sie damit bekommen haben."

Nach Medienberichten sollen in Europa mehrere Regierungen von dem Programm des amerikanischen Geheimdienstes NSA profitiert haben. Entsprechende Kooperationen wurden aus Belgien und den Niederlanden gemeldet. Neben "Prism" liefen dort auch weitere Überwachungsprogramme, um insbesondere islamistischen Extremisten und möglichen Anschlagsplänen auf die Spur zu kommen.

Durch US-Hinweise waren die deutschen Sicherheitsbehörden auf die Anschlagsvorbereitungen der Düsseldorfer Terrorzelle und der radikal-islamischen Sauerland-Gruppe aufmerksam geworden (siehe Grafik). Offenbar hatten amerikanische Geheimdienste die Kommunikation der Islamisten aufgespürt.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wandte sich mit der Forderung nach umfassender Aufklärung an ihren amerikanischen Amtskollegen Eric Holder. "Wir müssen jetzt alles tun, um möglichst viele Fakten zu erfahren", sagte sie. Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) schickte eine entsprechende Bitte an die US-Sicherheitsbehörden. Beigefügt war ein detaillierter Fragenkatalog, mit dem sich die Bundesregierung ein Bild von Umfang und Qualität der gesammelten Daten machen will.

Unklar ist bislang, ob zum Beispiel jedes Telefonat aus Deutschland mit einem Anschluss in den USA von den Verbindungsdaten her erfasst oder auch inhaltlich ausgespäht wurde, und wie viele Internet-Nutzer bei ihren öffentlichen Postings in sozialen Netzwerken oder auch in ihrer internen Kommunikation erfasst wurden.

US-Präsident Barack Obama hatte nach der Enthüllung des "Prism"-Programms versichert, dass niemand Telefongespräche mithöre und das Programm vom Kongress und den Gerichten kontrolliert werde. Amerikanische Bürgerrechtler berufen sich jedoch auf Aussagen von Senatoren, wonach die Gesetze von den Behörden schockierend exzessiv ausgelegt würden.

(may-)
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