Verhandlungen in Baden-Württemberg Auch Merkel mag die Grünen

Berlin · Eine grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg nährt in Berlin die Hoffnung auf ein schwarz-grünes Bündnis 2017.

Verhandlungen in Baden-Württemberg: Auch Merkel mag die Grünen
Foto: Ferl

Die Koalitionsverhandlungen zwischen Grünen und CDU haben noch nicht einmal begonnen, da findet Thomas Strobl, der starke Mann der CDU in Baden-Württemberg, bereits große Worte. "Meine Überzeugung ist, dass diese erstmalige und außergewöhnliche Konstellation auch für die CDU durchaus Chancen und ihren eigenen Charme haben kann", sagte Strobl.

Heute starten beide Seiten ihre Gespräche - und es bestehen wenig Zweifel, dass sie erfolgreich enden. Denn als einzige Alternative blieben nur Neuwahlen, und die fürchtet die CDU mehr als Grün-Schwarz. Und auch den Grünen ist daran gelegen, für Ministerpräsident Winfried Kretschmann rasch eine neue Machtbasis zu schaffen.

Vor allem aber hat dieses Bündnis den Segen mächtiger Parteistrategen in Berlin. Würde nach Hessen ein weiteres großes Bundesland von CDU und Grünen gemeinsam regiert, wäre dies noch ein Beweis für das Funktionieren dieser Kombination - auch nach der Bundestagswahl 2017. Die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, möchte ihre Macht erhalten - und deshalb jedes mögliche Bündnis ohne CDU-Beteiligung ausschließen. Durch eine Annäherung an die Grünen verbreitert sie die Koalitionsmöglichkeiten für die Union.

Auch bei den Grünen hat sich angesichts der AfD-Erfolge ein Perspektivwechsel vollzogen. Der Parteilinken ist nur zu klar, dass rot-grüne oder rot-rot-grüne Bündnisse unwahrscheinlicher geworden sind. Zudem drängen die Realpolitiker um Kretschmann und Parteichef Cem Özdemir auf ein schwarz-grünes Bündnis auch im Bund.

Wäre es nach Merkel und Özdemir gegangen, hätte man schon im Herbst 2013 zusammengefunden. Es kam nicht dazu, weil die Grünen Angst vor der Wut der eigenen Basis gehabt hätten, wird in der Union kolportiert. Die Grünen geben die Schuld der CSU. Jüngere Abgeordnete beider Fraktionen haben den Plan nie aufgegeben. Sie treffen sich vierteljährlich unter dem Label "Pizza-Connection", weil die Gespräche in einem italienischen Restaurant stattfinden. Zum nächsten Termin in 14 Tagen hatten die 40 Parlamentarier CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner eingeladen. Scheuer sagte seine Teilnahme allerdings bereits ab.

"Haupthindernis für Schwarz-Grün ist nicht die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, sondern der giftige Populismus der CSU", sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, neben Jens Spahn (CDU) einer der Initiatoren der "Pizza-Connection".

In der Flüchtlingskrise sind Union und Grüne nicht weit auseinander, weil die Grünen bisher schon in neun Ländern mitregieren und sich dort den realen Herausforderungen der Zuwanderung stellen mussten. Kretschmann war einer der größten Unterstützer Merkels in der Krise. "Früher war Schwarz-Grün eine Frage der Politik, heute ist es eine Frage der Mathematik geworden", fasst der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen den Wandel zusammen. Will sagen: Wenn es nach der Wahl 2017 für Schwarz-Grün reicht, dann kommt es auch so.

Baden-Württemberg soll dafür eine Blaupause sein, auch wenn die CDU hier die bittere Pille schlucken muss, nur Juniorpartner zu sein. Um zu verhindern, dass die CDU dabei marginalisiert wird, wünschen sich viele einen starken Mann wie Strobl an der Seite Kretschmanns. "Das kann nur funktionieren, wenn Kretschmann einen sehr starken Gegenpart an die Seite bekommt. Diesen Gegenpart sehe ich nicht in der Person des amtierenden Fraktionsvorsitzenden", sagte etwa Gunther Krichbaum, CDU-Bundespolitiker aus dem Südwesten. Fraktionschef Guido Wolf dürfte es demnach schwer haben, ein Ministeramt zu ergattern. Ob aber CDU-Vize Strobl tatsächlich von Berlin nach Stuttgart wechselt, ist offen. Das wird auch davon abhängen, ob er in Stuttgart Innenminister werden kann. "Die Union sollte mindestens die Bereiche Finanzen, Inneres und Bildung für sich beanspruchen", forderte Krichbaum.

(mar)
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