Streit über Islam-Rede des Bundespräsidenten Auch Stoiber distanziert sich von Wulff

Berlin (RPO). Bundespräsident Christian Wulff wollte mit seiner Rede über Integration in Deutschland vereinen - und wird nun mit Widerspruch aus den eigenen Reihen überschüttet. Auch der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber zeigt sich unzufrieden mit den Aussagen Wulffs zum Tag der deutschen Einheit.

Zeitlos schön: Stoibers Satzungetüme
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Foto: ddp

Bundeskanzlerin Angela Merkel erläuterte am Mittwoch erneut die Positionen des Staatsoberhaupts und hob zugleich ebenso wie andere führende CDU-Politiker die christlich-jüdischen Traditionen Deutschlands hervor. Wulff hatte in seiner Rede zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit erklärt, dass auch der Islam heute zu Deutschland gehört.

Viele Bürger hätten den Eindruck gewinnen können, Wulff habe "den Islam als Teil unserer deutschen Leitkultur bezeichnet", schreibt Stoiber in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Donnerstagsausgabe). Sein Satz sei zwar eine Zustandsbeschreibung, "aber das Problem liegt in der Verkürzung", kritisiert Stoiber. "Die große Mehrheit und die Kultur unseres Landes ist von den christlichen Grundwerten geprägt", fügte der ehemalige bayerische Ministerpräsident hinzu.

Stoiber lässt nach Angeben des Blattes erkennen, dass er es für unangemessen hält, dass Wulff ausgerechnet am Tag der deutschen Einheit über die Integration und den Islam geredet habe. An diesem Tag hätte "die weltpolitische Bedeutung dieses Ereignisses im Vordergrund" stehen müssen. Stoiber fordert "mehr Selbstbewusstsein mit unserem christlich-jüdisch-abendländischen Erbe". Mit diesen "Klarstellungen" habe die CDU-Chefin Merkel ja auch "bereits begonnen".

Merkel: "Grundgesetz gilt - nicht Scharia"

Merkel verwies in Berlin auf die "prägende Kraft" der christlich-jüdischen Tradition hierzulande, die "über Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende" zurückreiche. Inzwischen lebten aber auch viele Muslime in Deutschland, die ihre Kultur und Religion mitbrächten. Genau darauf habe Wulff hingewiesen. Doch müsse aus ihrer Sicht zugleich klar sein: "Es gilt das Grundgesetz, und nicht die Scharia."

Die Beauftragte der Unions-Fraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Maria Flachsbarth (CDU), unterstützte Wulff ausdrücklich: "Ja, der Islam gehört zu Deutschland". Es gebe inzwischen vier Millionen Muslime in Deutschland - von 82 Millionen Menschen. Auch Flachsbarth fügte allerdings hinzu: "Dieses Land ist vor allem christlich-jüdisch geprägt."

Grummeln in der SPD

Aus der SPD war erstmals Grummeln zu hören. Der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, er hätte Wulffs Aussage, dass der Islam inzwischen auch zu Deutschland gehöre, mit der einschränkenden Passage ergänzt, "wenn er im Rahmen unserer Verfassung gelebt und praktiziert wird und zwar nur dann".

Der bundesweit bekannt gewordene Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky nannte es wichtig, dass der Bundespräsident Grundwerte wie Menschenwürde, Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung unterstrichen habe. Wulff hätte aber darauf hinweisen sollen, dass muslimische Eltern ihre Kinder im Sinne dieser Werte erziehen müssen.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende und Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, nahm dagegen die Wulff-Kritiker in der Union ins Visier: Beim Thema Integration sei "die Partei anders als ihr Bundespräsident nach wie vor nicht in der Realität angekommen.

Auch Grünen-Chef Cem Özdemir sagte: "Der Bundespräsident hat ganz richtig darauf hingewiesen, dass Menschen mit islamischer Religionszugehörigkeit mittlerweile ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft sind und genauso zu dieser Gesellschaft gehören wie Menschen mit christlicher oder jüdischer Religionszugehörigkeit." Dagegen wolle insbesondere die CSU offenkundig "die Vielfalt unter dem Dach des Grundgesetzes nicht anerkennen".

(apd/pst)
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