Zentralrat der Ex-Muslime Austritt aus dem Islam

Köln (RPO). Mina Ahadi ist Vorsitzende der Ex-Muslime in Deutschland. Sie hat Allah abgeschworen. Jetzt wird sie von radikalen Islamisten bedroht. Ihr Verein gewinnt derweil täglich mehr Mitglieder, derzeit sind es rund 430. Sie kämpfen gegen Ehrenmorde, Steinigungen und Kopftuchzwang.

Mina Ahadi (50) kann nicht mehr eben mal zum Supermarkt an die Ecke gehen. Wenn die im Iran geborene Kölnerin einkaufen will, muss sie das bei der Polizei anmelden. Nachdem sie sich im Februar in einem Interview mit dem "Focus" kritisch über den Islam äußerte und bekannte "Ich habe Allah abgeschworen", riefen muslimische Fanatiker im Internet dazu auf, sie zu ermorden. Seitdem lebt Ahadi unter Polizeischutz.

"Ich finde das sehr mutig von Frau Ahadi ", sagt die Marburger Islamwissenschaftlerin Ursula Spuler-Stegemann. "Die Drohungen, die sie erhielt, sind sicherlich ernst zu nehmen." Denn immerhin gebe es überlieferte Worte des Propheten, in denen Mohammed seine Anhänger auffordere, jeden zu töten, der vom Glauben abfalle. In einigen muslimischen Ländern seien entsprechende Todesurteile bis vor wenigen Jahren vollstreckt worden.

Das weiß auch Ahadi. Trotzdem wirkt sie nicht bedrückt. Im Gegenteil. Wenn sie von ihren Bodyguards, dem Polizeischutz und den Drohungen der islamischen Organisationen spricht, lacht sie immer wieder. Vielleicht liegt es daran, dass die resolute Frau in den vergangenen Wochen auch von vielen Seiten Zuspruch erfahren hat. Mina Ahadi ist die Vorsitzende des "Zentralrats der Ex-Muslime". Der Verein kämpft gegen Ehrenmorde, Steinigungen und Kopftuchzwang. Seit seiner Gründung vor knapp drei Monaten stieg die Zahl der Mitglieder nach Angaben des Vereins von 40 auf rund 430.

Angesichts von mehr als drei Millionen Muslimen in Deutschland ist das nicht viel. Aber Menschen wie der in Düsseldorf lebende Iraner Mirhassan Agayary (47) finden mit ihren Argumenten immer mehr Gehör. "Ich bin als Schiit geboren worden, habe den Koran gelesen und bin in die Moschee gegangen", berichtet Agayary. "Heute finde ich, dass der Islam eine mittelalterliche Religion ist, den Bedüfnissen der Menschen nicht gerecht wird." Nachdem er im Iran dreimal wegen linker politischer Umtriebe festgenommen worden war, flüchtete er nach Deutschland. "Hier werden die Menschenrechte respektiert."

Trotzdem kritisiert er sein Gastgeberland: "Ich finde, dass die deutschen Politiker viel zu tolerant sind gegenüber den hiesigen islamischen Organisationen. Die gewinnen an Einfluss, obwohl keiner sie gewählt hat." Das mache sich sogar im deutschen Justizwesen bemerkbar. Dies zeige der Fall einer Frankfurter Richterin, die einem angeklagten Muslim, der seine Frau geschlagen hatte, zugute hielt, dass der Koran die Züchtigung von Ehefrauen erlaube.

Agayary weiß, dass er sich mit seinen offenen Worten als Zielscheibe für Fanatiker präsentiert. Trotzdem hat er keine Angst. Seine Gelassenheit begründet er mit einem iranischen Sprichwort: "Wer dem Tod ins Auge geblickt hat, hat keine Angst vor dem Fieber."

Mina Ahadi hat die Herrschaft der Mullahs in ihrem Heimatland nur mit viel Glück überlebt. Die damalige Medizinstudentin hatte sich nach dem Sturz des Schahs gegen den Kopftuchzwang eingesetzt. Deshalb flog sie von der Uni. Kurz darauf wurden ihr damaliger Mann und fünf Freunde, die wie sie in der Opposition aktiv waren, festgenommen und hingerichtet. Die junge Frau wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt. 1981 flüchtete sie nach Kurdistan. Seit 1996 lebt sie in Köln. Den Kampf gegen den Islam hat sie nie aufgegeben. Im Januar 2007 wurde sie zur Vorsitzenden des Zentralrats der Ex-Muslime gewählt. Der Islam, sagt Ahadi, sei eine frauen-, kinder- und menschenfeindliche Religion. "Wir haben es mit einem politischem Islam zu tun. Wer nicht nach seinen Regeln leben will, wird terrorisiert."

Zurzeit verlässt sie wegen des Polizeischutzes kaum noch das Haus. "Auf Dauer kann ich so nicht leben", sagt sie. Doch sie wird es wohl vorerst müssen. "Zu sagen: ,Ich bin kein Muslim mehr', ist gefährlich." Viele islamische Organisationen hätten die Macht, einen Mord zu organisieren, sagt Ahadi.

Edith Schlesinger vom Referat für interreligiösen Dialog im Erzbistum Köln glaubt nicht, dass etwa Vorbeter in Moscheen öffentlich zur Verfolgung von Menschen aufrufen, die sich vom Islam abgewandt haben. "In ghettoähnlichen Wohngegenden gibt es aber Familien, die alles daran setzen würden, ihre verlorenen Schäfchen zurückzuholen. Wie weit sie dabei gehen, ist keine Sache der Religion, sondern des sozialen Umfelds."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort