Unter Guido Westerwelle Auswärtiges Amt kippte Fischers Nazi-Erlass
München (RPO). Seit 2003 durften verstorbene deutsche Diplomaten mit NSDAP-Vergangenheit in der Mitarbeiterzeitschrift "Intern AA" des Auswärtigen Amtes nicht mehr mit einem ausführlichen Nachruf geehrt werden. Unter der Leitung von Guido Westerwelle hat diese Regel im Amt offenbar keinen Bestand mehr.
Dern Erlass hatte der damalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) 2003 verfügt. Der Tod von Alt-Nazis durfte nur vermeldet werden. Nun wurde durch Berichte in der Süddeutschen Zeitung und im Spiegel bekannt: Künftig kann es in Einzelfällen wieder Nachrufe geben.
Der Kurswechsel im Auswärtigen Amt erfolgte demnach bereits etliche Monate vor der aufsehenerregenden Veröffentlichung einer Studie zur NS-Verstrickung deutscher Diplomaten. Bereits seit Februar soll die vom früheren Außenminister Fischer verfügte Regelung keine Gültigkeit mehr besitzen, schreibt die "Süddeutsche Zeitung".
Das Auswärtige Amt bestätigte dem Blatt die Darstellung. Es gelte inzwischen eine "Einzelfallprüfung". Die Mitgliedschaft in der NSDAP schließe dabei nicht zwingend die persönliche Würdigung in einem Nachruf aus. Nicht mehr verwendet wird allerdings die Formulierung "ehrendes Andenken". Es handle sich nun um eine "Übergangsregelung". Sie soll im Licht der Studie neu überprüft werden.
Ergebnisse der von Fischer in Auftrag gegebenen Studie waren am Wochenende bekannt geworden. Deutsche Diplomaten waren demnach weit stärker in den Holocaust verstrickt, als bisher bekannt. Ein Streit über Würdigungen in der Mitarbeiterzeitschrift "Intern AA" hatte Fischer veranlasst, die unabhängige Historikerkommission einzusetzen.