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Hannover Obamas späte Charme-Offensive

Hannover · Zu Beginn seiner Amtszeit war der Amerikaner der Bundeskanzlerin noch suspekt. Nun wollen sie gemeinsam die Welt retten.

Barack Obama und Angela Merkel eröffnen Messe
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Obama und Merkel eröffnen Hannover Messe

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Foto: afp

Ein wenig erinnern sie an Harry und Sally - das Leinwand-Paar, das Jahre brauchte, um zueinander zu finden. Nach starkem Fremdeln vor acht Jahren präsentierten sich US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel gestern in Hannover als Symbiose der Macht. Der amerikanische Präsident, dem Merkel in seinem ersten Wahlkampf noch einen Auftritt vor dem Brandenburger Tor versagt hatte, umschmeichelte die deutsche Kanzlerin mit Superlativen und stärkte ihr gegenüber Kritikern ihrer Flüchtlingspolitik den Rücken. "Es ist die wichtigste Beziehung, die wichtigste Freundschaft, die ich in meiner Amtszeit hatte", sagte Obama in Hannover.

Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger fragte einst nach der Telefonnummer Europas, weil er nicht wisse, wen er anrufen solle, wenn es etwas zu klären gibt. Obama hingegen ließ keinen Zweifel daran, dass Europas Telefonnummer auf den Apparat im deutschen Kanzleramt in Merkels Büro läuft.

Zu Beginn von Obamas Amtszeit war ihr der Amerikaner noch suspekt gewesen. 2009 wurde Merkel von der Entscheidung des US-Autobauers General Motors überrumpelt, sich vom Opel-Kauf zurückzuziehen. Zuvor war sie beim Präsidenten zu Besuch gewesen, der hinterher versicherte, er habe von der Entscheidung nichts gewusst. 2011 missverstanden sie sich, als sich Deutschland mit seiner Enthaltung zur Libyen-Resolution international isolierte. 2013 betonte Merkel auf dem Höhepunkt der NSA-Affäre, Ausspähen unter Freunden gehe gar nicht. Danach ging es bergauf. Bei der Euro-Rettung, der Ukraine-Krise, in der Flüchtlingskrise und beim Freihandelsabkommen TTIP liegen die Staatschefs auf einer Linie.

Gemeinsam warben sie nun während der weltgrößten Industriemesse in Hannover für einen raschen Abschluss der TTIP-Verhandlungen. "Wir können eine Menge regulatorische und bürokratische Blockaden beseitigen", sagte Obama. Das sei gut für Wachstum und Beschäftigung. Merkel drängte zur Eile: "Wir haben ein einzigartiges Zeitfenster für das transatlantische Abkommen. Wir müssen es nutzen, es wird sonst so schnell nicht mehr kommen." In der Tat: Obamas Amtszeit neigt sich dem Ende zu, die potenziellen neuen US-Präsidenten stehen TTIP kritischer gegenüber. Gegner in den Vereinigten Staaten warnen vor der Konkurrenz europäischer Produkte. Europäische Kritiker sorgen sich, dass durch das Abkommen Umwelt- und Sozialstandards sinken.

Obama und Merkel mit 3D-Brille auf der Hannover Messe
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Obama, Merkel und die Technik

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Foto: ap

In Hannover scherzte Obama mit und über die Kanzlerin, wie man es nur unter Freunden kann. So lobte er ihren Führungsstil der ruhigen Hand: "Ich weiß nicht genau, wie sie das hier nennen, wenn sie die Hände so zusammenlegt. Die Merkel-Raute, glaube ich." Auch Merkel, die gerne technische Neuheiten begutachtet, zeigte sich gut aufgelegt. Vor dem Rundgang gab sie das amerikanische Sprichwort zum Besten: "The proof of the pudding is the eating", was heißt: "Der Test für den Pudding ist, ihn zu essen." Oder anders: Probieren geht über Studieren. Dann schauten sich beide Neuheiten auf der Industriemesse an.

Für Merkel war dieser Besuch des amerikanischen Präsidenten ein Glücksfall. Durch ihre Flüchtlingspolitik ist sie innenpolitisch schwer unter Druck geraten und hat in Europa an Autorität eingebüßt. Obama warb für eine Offenheit für Flüchtlinge in den großen Industrienationen. "Wenn wir das stärkere Land sind, wenn wir besser dastehen, dann sollten wir Menschen, die zu uns kommen, mit offenen Armen empfangen - auch die, die muslimischen Glaubens sind", sagte er. Mit ähnlichen Worten hat Merkel in den vergangenen Monaten immer wieder ihre Flüchtlingspolitik begründet.

Nach den alten Regeln Europas hätte auch ein Treffen der wichtigsten Industriestaaten des Kontinents mit dem amerikanischen Präsidenten in Großbritannien stattfinden müssen. Doch nimmt man Obamas Worte ernst, dann hat MerkelDeutschland den in der EU taumelnden Briten als wichtigsten Verbündeten der Vereinigten Staaten längst den Rang abgelaufen. In Großbritannien hinterließ Obama einen leidenschaftlichen Appell für den Verbleib der Briten in der EU. Die Botschaften für Europa sparte er sich für seinen Besuch in Deutschland auf. Er warnte die Europäer vor ihren Selbstzweifeln und forderte sie angesichts der Ausbreitung des IS dazu auf, mehr für ihre eigene Verteidigung zu tun.

Mit den Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Italiens und Großbritanniens sprachen Merkel und Obama über die großen Krisenherde: Ukraine, Syrien, Libyen und den Kampf gegen illegale Migration. Merkel betonte anschließend, man werde sich eng abstimmen: "Wir sind stark, wenn wir gemeinsam agieren."

(qua)
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