Parteitag soll auf Bundestagswahl vorbereiten Bei der FDP dreht sich das Personalkarussell

Berlin · Die FDP wählt auf ihrem Parteitag in Berlin ihre Führungsmannschaft. Für einzelne Alphatiere steht die politische Karriere auf dem Spiel – Kampfabstimmungen zeichnen sich ab. Wer nach der Bundestagswahl am 22. September etwas zu sagen haben will, sollte im für zwei Jahre gewählten Präsidium vertreten sein.

Das ist Philipp Rösler
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Die FDP wählt auf ihrem Parteitag in Berlin ihre Führungsmannschaft. Für einzelne Alphatiere steht die politische Karriere auf dem Spiel — Kampfabstimmungen zeichnen sich ab. Wer nach der Bundestagswahl am 22. September etwas zu sagen haben will, sollte im für zwei Jahre gewählten Präsidium vertreten sein.

So sah es vor nicht einmal zwei Monaten so aus, als ob Wirtschaftsminister und Vizekanzler Philipp Rösler (40) Geschichte ist. Es folgten 9,9 Prozent in seiner Heimat Niedersachsen und ein kluger Schachzug, um seinen ärgsten Rivalen Rainer Brüderle abzuschütteln: Rösler bot dem überrumpelten Fraktionschef den Vorsitz an. Brüderle traute sich nicht. 2011 bekam Rösler in Rostock bei seiner Premiere 95,1 Prozent. Am Samstag könnte es weniger sein. Einige halten ihn weiter für eine Fehlbesetzung. Sechs Monate vor der Wahl sollte aber auch die FDP begriffen haben, dass der eigene Chef ein starkes Votum braucht.

Fraktionschef und designierte Spitzenkandidat Rainer Brüderle (67) hat harte Wochen hinter sich. Erst die Schlappe gegen Rösler, dann die Sexismus-Affäre. Eine "Stern"-Journalistin hielt ihm mit einem Jahr Verspätung vor, sich anzüglich geäußert zu haben. Die Story löste über Twitter die nationale Aufschrei-Debatte aus. Brüderle traf der Vorwurf ins Mark, er schweigt bis heute dazu. Auf dem Parteitag will die Basis ihm neue Kraft geben. Per Abstimmung durch Zuruf soll Brüderle als Spitzenkandidat für den Wahlkampf gekürt werden. Im Präsidium sitzt er als Fraktionschef.

Auch NRW-Landeschef Christian Lindner (34) wird wieder eine größere Rolle in der Bundespartei spielen. Lange ließ er Rösler zappeln. Jetzt wird er erster Stellvertreter jenes Mannes, der ihn im Dezember 2011 zum Rücktritt als Generalsekretär brachte. Lindner wäre bereit gewesen, mit Brüderle zu marschieren. Nun gilt das Verhältnis zu Rösler als stabil. Auf längere Sicht ist Lindner der nächste Parteichef. Spannende Frage am Wochenende wird daher sein Wer holt das bessere Ergebnis: Rösler oder Lindner?

Vier Bewerber für drei Stellvertreterposten

Neben Lindner gibt es noch mehr Bewerber für die Stellvertreterposten — allerdings mehr, als es überhaupt Posten gibt. Entsprechend dürfte es zu Kampfabstimmungen kommen. Denn auch die weiteren Bewerber sind alles andere als Unbekannte.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (61) etwa. Sie genießt als Vorkämpferin für die Bürgerrechte großes Ansehen an der Basis. Rösler muss deshalb darüber hinwegsehen, dass die Bayern-Chefin nach Niedersachsen Brüderle unterstützt hätte. Leutheusser wird stellvertretende Vorsitzende bleiben.

Birgit Homburger (47) ist erste Stellvertreterin von Rösler. Ihr droht eine Kampfabstimmung gegen den Sachsen Holger Zastrow (44). Homburger werden die besseren Karten eingeräumt, weil sie mit Nordrhein-Westfalen, Bayern und ihrem eigenen Verband Baden-Württemberg die Schwergewichte hinter sich hat. Zastrow kommt aus Dresden und wurde von Rösler 2011 als Gesicht des Ostens ins Präsidium geholt. Der Parteivize stützte Rösler auch in schwierigen Zeiten. Er will aber oft mit dem Kopf durch die Wand, etwa in der Energie- oder Steuerpolitik. Die ostdeutschen Landesverbände stehen hinter dem Sachsen.

Auch bei den Beisitzern wird es eng

Dirk Niebel (49) hat gezockt und droht seinen Platz als Beisitzer im Präsidium zu verlieren. An Dreikönig blies er, kurz vor der Niedersachsen-Wahl, offen zum Putsch. Das kann Rösler dem Entwicklungsminister nicht verzeihen. Niebels Abstrafung wäre nicht ohne — schließlich ist er Spitzenkandidat in Baden-Württemberg und soll im FDP-Stammland viele Stimmen bei der Bundestagswahl holen.

Der Kieler Fraktionschef Wolfgang Kubicki (61) war stets einer der schärfsten Kritiker Röslers, den er für zu weich hält. Er fühlt sich an der Förde unterfordert und kandidiert für den Bundestag. Kubicki will ins Präsidium, beruft sich auf seinen Landtagswahlsieg. Die Parteispitze aber sähe es nicht ungern, wenn der Querulant draußenbleibt. Kubicki hatte angekündigt, gegen Niebel kandidieren zu wollen.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (36) hielt sich in der Führungskrise im Hintergrund. Er will jetzt ins Präsidium, um nach dem Verlust des NRW-Landesvorsitzes an Lindner wieder mehr Gewicht in der Partei zu bekommen. Möglicherweise tritt er gegen Niebel an.

Seinen Freund Patrick Döring (39) machte Rösler nach Lindners Abgang zum Generalsekretär. Der Sieg in Niedersachsen war auch sein Verdienst. Er könnte bei der Wiederwahl aber Schrammen bekommen, wenn ihn Rösler-Gegner stellvertretend für den Chef abstrafen.

Der Haushaltsexperte und Holland-Fan Otto Fricke (47) soll und wird Schatzmeister bleiben. Die Zahlen stimmen, 2012 machte die Bundespartei einen Rekordüberschuss von mehr als 3,5 Millionen Euro. Und auch der Hesse Jörg-Uwe Hahn (56) dürfte seinen Präsidiumsplatz behaupten. Er sorgte bundesweit mit einem schrägen Satz über Röslers vietnamesische Herkunft für Befremden. Rösler steht zu ihm.

(dpa/das/sap)
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