Kaum positive Auswirkungen Berater kritisieren teure Familienpolitik

Berlin · Ein Großteil der milliardenschweren Leistungen des Staates verpuffe wirkungslos, urteilen Forscher. Das Kindergeld erweise sich als "wenig effektiv". Am effektivsten sei noch die Förderung von Kitas und Betreuungsplätzen. Die Zwischenbilanz ist vor allem für die Union ein Problem.

Was der Staat für Kinder ausgibt
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Foto: dpa, Arno Burgi

Eine Analyse von Regierungsberatern kritisiert offenbar viele Instrumente der milliardenschweren Kinder- und Familienpolitik als untauglich, wirkungslos und teilweise kontraproduktiv. Zu diesem harschen Urteil kommt ein von der Bundesregierung beauftragter Gutachterkreis in einem internen Zwischenbericht, wie der "Spiegel" berichtet.

Das Kindergeld erweise sich als "wenig effektiv", urteilen demnach die Experten. Das Ehegattensplitting sei "ziemlich unwirksam", die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern in der gesetzlichen Krankenversicherung sogar "besonders unwirksam". In der Familienpolitik werden jährlich rund 200 Milliarden Euro ausgegeben. Die Geburtenrate liegt in Deutschland mit rechnerisch 1,39 Kindern pro Frau trotzdem klar unter dem EU-Schnitt.

Probleme vor dem Wahlkampf

Dem Bericht zufolge gilt eine Veröffentlichung der Analyse vor der Bundestagswahl im Herbst als unsicher. Die Kritik könnte trotzdem Munition im Wahlkampf sein. Sie trifft zwar Union, FDP, SPD und Grüne gleichermaßen, weil sie allesamt verantwortlich zeichnen für das Dickicht unterschiedlicher Leistungen — allerdings spielen die Aussagen SPD, Linken und Grünen am ehesten in die Karten.

Denn am besten schneiden in der Untersuchung Ausgaben für Kitas und mehr Betreuungsplätze ab: Von diesen Ausgaben flössen bis zu 48 Prozent an den Staat zurück, heißt es. Die Union dagegen will mit dem soeben beschlossenen Betreuungsgeld das Erziehen zu Hause stärken.

Nach dem Bericht sieht die Zwischenbilanz zwar auch positive Effekte, doch diese ließen sich auch "mit geringeren unerwünschten Nebenwirkungen erreichen". Die realen Kosten etwa einer Kindergelderhöhung liegen demnach "in etwa beim Doppelten der nominalen direkten Kosten". Weil die Mütter weniger arbeiteten, entgingen dem Staat Steuereinnahmen sowie Einnahmen der Sozialversicherung.

Unerwünschte Nebenwirkungen

Eine Sprecherin von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) sagte, es handele sich um Ergebnisse einer Fachtagung. Es gebe keinen Zwischenbericht der von Familien- und Finanzministerium gemeinsam in Auftrag gegebenen Gesamtbewertung. Das vierjährige Projekt untersuche die 13 größten Familienleistungen in ihrem Zusammenwirken mit Blick auf familienpolitische Ziele wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das Projekt werde noch 2013 abgeschlossen; es werde das Zusammenwirken der Leistungen ausführlich analysieren. Wann der Endbericht vorgelegt werde, sei offen. Das von der schwarz-gelben Koalition im vorigen Jahr beschlossene Betreuungsgeld sei in dem Projekt nicht berücksichtigt.

Die Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag, Sibylle Laurischk (FDP), sprach sich dafür aus, die familienpolitischen Leistungen insgesamt auf den Prüfstand zu stellen. "Wir müssen erkennen, dass wir mit vielen Leistungen Gutes wollen, aber nicht wirklich erreichen", sagte sie. Statt verschiedener, schwer zu durchschauender und unterschiedlich anzurechnender Angebote solle es beispielsweise ein "Kinderbasisgeld" geben, mit dem der Staat jungen Familien das klare Signal gebe, dass es eine unkomplizierte Grundleistung gebe, die bei den Kindern tatsächlich ankomme.

SPD sieht den Norden als Vorbild

SPD-Familienpolitikerin Kerstin Griese warf der Regierung Versagen gerade beim Kita-Ausbau vor. "Während unsere west- und nordeuropäischen Nachbarn schon in den 80er Jahren auf zurückgehende Geburtenzahlen und die kulturellen Veränderungen in den Familien reagiert haben, blieben CDU und CSU untätig", kritisierte Griese.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte Ehrlichkeit von der Bundesregierung. Schwarz-Gelb verfolge ideologische Parteiinteressen. "Die Regierung Merkel drückt sich schon lange um eine fundierte Grundsatzdebatte", sagte Künast.

(RP/may-)
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