Umweltverträglichkeit von Minister-Autos Die Stinker in Diensten der CSU

Meinung | Berlin · Sie predigten öffentlich Wasser und tranken heimlich Wein. So lautete in der Antike der schlimme Vorwurf an Politiker mit Doppelmoral. Heute entlarvt die Deutsche Umwelthilfe die kritikwürdige Diskrepanz zwischen Sonntagsreden und Alltagshandeln: die Wahl des Dienstwagens.

So klimaverträglich fahren die Spitzenpolitiker
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Eigentlich wäre es ganz einfach, sich als Spitzenpolitiker vorbildlich zu verhalten. Wer es mit seinem Bekenntnis zum Kampf gegen die Klimakatastrophe ernst meinen würde, der dürfte sich nicht in ein Fahrzeug setzen, das den seit 2012 in der EU geltenden CO2-Grenzwert von 130 Gramm pro Kilometer überschreitet.

Doch als die Deutsche Umwelthilfe jetzt die Befragung von 229 Regierungschefs, Ministern und Staatssekretären auswertete, landeten nur 42 von ihnen im "grünen Bereich". Die meisten lagen darüber, und 14 erhielten sogar die "Rote Karte", weil der Schadstoffausstoß ihrer Autos den Grenzwert um mehr als ein Drittel übertraf.

Doch bei zu pauschaler Kritik ist Vorsicht geboten. Wenn die Umwelthilfe sich darüber ärgert, dass jeder dritte Ministerpräsident in "Klimakiller-Limousinen" unterwegs sei und damit eine "Ignoranz beim Klimaschutz" beweise, dann sollte der Fairness halber hinzugefügt werden, dass dies zumeist auf die besondere Schutzbedürftigkeit dieser Menschen zurückzuführen ist.

Wenn die Sicherheitsbehörden zu der Einschätzung gelangen, dass die Ministerpräsidenten anschlagsgefährdet sind und deshalb mit gepanzerten Limousinen befördert werden sollten, müssen sie aus der Statistik herausgerechnet werden. Denn noch lässt sich dieses zusätzliche Gewicht nicht mit umweltschonendem Antrieb bewältigen.

Bayern kommt am schlechtesten weg

Umso höher zu bewerten ist die Feststellung der Klimaschützer, dass die extremen Spritschlucker aus dem Fuhrpark der Bundesministerien aussortiert wurden. Der Haken: Kein einziger hält den EU-Grenzwert ein. Es ist beruhigend, dass nach dieser Vorbemerkung die Dienstwagen des Umweltministeriums an der Spitze liegen, es ist dagegen beschämend, dass die Autos des Verkehrsministeriums das Schlusslicht bilden.

In der Gesamtschau des Bundesländervergleichs kommen Hamburg, Rheinland-Pfalz und Bremen am besten weg, Bayern am schlechtesten. Auffällig ist, dass sich dieser Trend durch Freistaat und Bundesregierung zieht: CSU-Spitzenpolitiker haben eine offenkundige Schwäche für Stinker. Da muss Parteichef Horst Seehofer dringend nacharbeiten.

Wenn auch zu langsam, so geht es doch voran. Im Längsschnitt der bislang neun Dienstwagenchecks zeigt sich die Entwicklung, den Umweltbelangen auch durch die Wahl der Dienst-Limousine zunehmend Rechnung zu tragen. Nur vereinzelt sind Rückschläge zu verzeichnen: Dabei fiel ausgerechnet der grüne Regierungschef Winfried Kretschmann auf, nachdem er mit seinem neuen Mercedes von der grünen in die gelbe Kategorie abrutschte.

Das Beispiel Dobrindt

Allerdings sollte auch die Umwelthilfe beim nächsten Mal genauer hinschauen: Verkehrsminister Alexander Dobrindt von der CSU hat sie wegen seines BMW 530d xDrive Gran Turismo Diesel auf den peinlichen vorletzten Platz einsortiert.

Dabei sieht man den Minister in Berlin zumeist aus einem BMW i3 steigen, also aus einem absolut vorbildlichen Elektro-Auto. Vor diesem Hintergrund sollte gerade der Verkehrsminister einen besonderen Antrieb dafür empfinden, seine Parteifreunde von der Straße der Stinker auf den Pfad der Klimatugend zu führen.

(may-)
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