Gegen IS Berlin will bei Luftschlägen nicht mitmachen

Berlin · In der "Kernkoalition" gegen die Terrormiliz IS ist Deutschland dabei. Aber bei Luftschlägen, so stellt der Außenminister von der SPD klar, will man nicht dabei sein. Obwohl einige in der Union schon deutliche Angebote gemacht haben.

Reaktionen auf Obamas Rede an die Nation
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Foto: afp, mn/dec

Manchmal dauert es auch in der deutschen Politik gar nicht so lange. Die Rede von US-Präsident Barack Obama an seine Nation - und an den Rest der Welt - war gerade mal zwölf Stunden alt, da zog einer in Berlin eine klare Kante. Ja, so Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Deutschland werde sich an der neuen Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beteiligen. Aber bestimmt keine eigenen Soldaten zur Verfügung stellen, damit die IS in Syrien oder im Irak aus der Luft bebombt werden kann.

"In großer Eindeutigkeit: Weder sind wir gefragt worden, das zu tun, noch werden wir es tun", stellte der SPD-Mann nach einem Treffen mit seinem neuen britischen Kollegen Philip Hammond klar. Umso größeren Wert legt Steinmeier darauf, dass die militärischen Bemühungen der Staatengemeinschaft in eine "politische Strategie" eingebettet werden. Man darf davon ausgehen, dass er zuvor das Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gesucht hatte.

Für die ungewöhnlich schnelle Festlegung gibt es verschiedene Gründe. Zum einen wird damit die gerade aufkommende innerdeutsche Debatte abgeblockt. Aus den Reihen der Union hatten sich gleich nach der Obama-Rede mehrere Leute zu Wort gemeldet, die von sich aus eine deutschen Beteiligung an Luftschlägen ins Gespräch brachten. Obama selbst hatte in seinem Kurzauftritt um die internationalen Partner geworben, aber so etwas mit keinem Wort erwähnt.

Der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Philipp Mißfelder, meinte morgens trotzdem gleich: "Wenn es zum Beispiel um Luftüberwachung ginge oder auch Fragen von Überflugrechten hier von Deutschland aus gesehen, dann bin ich eindeutig der Meinung, dass wir die Amerikaner unterstützen müssen." Der CDU-Kollege Karl-Georg Wellmann pflichtete bei: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir den USA eine solche Bitte abschlagen."

Denkbar wäre zum Beispiel der Einsatz von "Tornado"-Kampffliegern mit Aufklärungstechnik oder "Awacs"-Aufklärungsflugzeugen der Nato, die so groß wie eine mittlere Passagiermaschine sind. Die Deutschen haben damit über Afghanistan oder dem Balkan viel Erfahrung.

Davon will Steinmeier aber nichts wissen. Er verwies auf die geplanten deutschen Waffenlieferungen für die kurdischen Streitkräfte im Irak im Wert von etwa 70 Millionen Euro. "Das ist nicht wenig. Es trifft unser Maß an Verantwortung, das wir zu tragen haben." Übernächste Woche könnte es mit den Lieferungen losgehen. Zudem, so deutete er im Bundestag an, könnte die humanitäre Hilfe (derzeit etwa 50 Millionen Euro) nochmals deutlich erhöht werden.

Bei der Entscheidungsfindung spielte gewiss auch eine Rolle, dass Steinmeier die Befindlichkeiten seiner Partei kennt. Allen in der SPD ist noch bestens in Erinnerung, wie sich Deutschland 2003 während der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder aus der "Koalition der Willigen" gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein heraushielt. Eine Beteiligung an Luftschlägen wäre Sozialdemokraten nur schwer vermittelbar - nicht nur, weil am Sonntag in Brandenburg und Thüringen Wahlen sind. Schon die Waffenlieferungen sind umstritten.

Abgesehen davon will die Bundesregierung ihren Teil dazu beitragen, dass das Bündnis gegen die IS größer wird. Zur "Kernkoalition" gehören neben den USA, Großbritannien und Deutschland noch Frankreich, Italien, Polen, Dänemark, Australien und die Türkei. Vor allem aus der arabischen Welt werden derzeit noch Mitstreiter gesucht - insbesondere Länder wie Saudi-Arabien oder Katar, von wo aus die IS-Kämpfer zumindest in der Anfangszeit finanziert wurden.

Am Montag soll es dazu schon ein Treffen in größerem Kreis in Paris geben. Und für Ende September ist, am Rande der UN-Vollversammlung in New York, bereits ein Treffen der G7-Außenminister geplant. Dort führt, weil die Russen ausgeschlossen wurden, derzeit Deutschland die Geschäfte.

(dpa)
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