Obergrenze für Flüchtlinge CSU droht Kanzlerin Merkel mit Bruch

Berlin · Provokation in der Großen Koalition: CSU-Chef Seehofer will sich auf eine neue Regierungsbeteiligung nur einlassen, wenn eine gesetzliche Obergrenze für Flüchtlinge festgelegt wird. Außerdem hat er Donald Trump nach Bayern eingeladen.

 Seehofer, Merkel: Ende der Fraktionsgemeinschaft?

Seehofer, Merkel: Ende der Fraktionsgemeinschaft?

Foto: ap

Die Ankündigung von Angela Merkel, erneut als Kanzlerkandidatin der Union anzutreten, ist noch keine Woche alt, da befeuert CSU-Chef Horst Seehofer den Streit um die Obergrenze erneut. Eine Regierungsbeteiligung der CSU nach der Bundestagswahl 2017 knüpft er an eine gesetzliche Regelung für eine Obergrenze bei Flüchtlingen. Er garantiere den Wählern, "dass wir die Begrenzung durchsetzen. Wir werden nur dann in Berlin mitregieren, wenn das realisiert wird", sagte Seehofer der "Augsburger Allgemeinen". Er fügte hinzu: "Diese Garantie gebe ich für meine Partei ab."

Fraktionsgemeinschaft in Gefahr?

Damit beharrt der bayerische Ministerpräsident weiterhin auf dem Streitpunkt, der die höchste Hürde für eine erneute Kanzlerkandidatur Merkels bildete. Dahinter steht auch die Drohung, die traditionelle Fraktionsgemeinschaft im Bundestag von CDU und CSU zu beenden.

Seit dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im September vergangenen Jahres streiten CDU und CSU um eine Obergrenze für Flüchtlinge. Kanzlerin Merkel lehnt diese entschieden ab. Seehofer hingegen fordert, gesetzlich festzulegen, dass pro Jahr nicht mehr als 200.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen dürfen.

Eigentlich galt der Streit als eingehegt. Es gab zwar keine Einigung beim Thema Obergrenze. Die Schwesterparteien hatten aber den Konsens erzielt, dass sich eine Situation wie 2015 nicht wiederholen dürfe. So steht es auch im Leitantrag für den CDU-Parteitag Anfang Dezember.

Der SPD-Koalitionspartner reagierte mit Kritik auf den neuen Streit zwischen den Schwesterparteien. "Seehofer weiß, dass er sich mit seinem Obergrenzen-Mantra bei Merkel die Zähne ausbeißen wird", sagte Fraktionschef Oppermann unserer Redaktion. Deswegen lasse er es erst zum Schwur kommen, wenn es um die Regierungsbeteiligung gehe, also nach der Wahl. "Am Ende werde er klein beigeben, davon kann jeder ausgehen."

Keine Reaktion

Zu den neuen Attacken aus München gab es aus der CDU-Parteizentrale in Berlin keine Reaktion. Kritik kam aber aus den Reihen der Parlamentarier. "Die Anzahl der Menschen, die zu uns kommen, liegt bereits jetzt unter der Zahl, die Herr Seehofer als Obergrenze will", sagte die Integrationsbeauftragte der Unionsfraktion, Cemile Giousouf. "Ich würde mir wünschen, dass politisch Verantwortliche die Menschen mehr darüber aufklären, was wir alles geschafft haben, anstatt Sorgen zu verstärken."

Alarmiert reagierte auch der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster. "Diese Zerstrittenheit der Union ist brandgefährlich und völlig unnötig", sagte er. Die Parteivorsitzenden hätten das Thema längst gelöst haben können, ihre Positionen lägen tatsächlich gar nicht weit auseinander. Der Innenexperte schlug als Modell "einen periodisch festzulegenden atmenden Richtwert" vor, der gleichzeitig Deutschlands hohe Aufnahmebereitschaft, aber auch die Grenzen der Integrationsfähigkeit symbolisiert.

Grünen-Chefin Simone Peter warf Seehofer vor, er mache sich zum "Vasallen der AfD" und trage zur weiteren Spaltung der Gesellschaft bei.

Dass Seehofer mit Populisten wenig Berührungsängste hat, zeigte er schon mit verschiedenen internationalen Treffen. So hatte er sich mehrfach mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán getroffen. Jetzt hat den künftigen US-Präsidenten Donald Trump nach Bayern eingeladen. Regierungskreisen zufolge hatte er Trump nach dessen Wahlsieg schriftlich gratuliert und betont, er sei "jederzeit im Freistaat Bayern willkommen".

(jd / qua)
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