Ermittlungen nach Berliner Attentat Amris Kontaktmann war der Polizei bekannt

Berlin · Nach der Durchsuchung der Unterkunft eines Kontaktmanns des Berliner Weihnachtsmarktattentäters Anis Amri am Dienstag hat die Berliner Justiz am Mittwoch Haftbefehl gegen den 26-jährigen Tunesier erlassen. Zudem wurden neue Details der Ermittlungen bekannt.

Anschlag in Berlin: Fotos von Anis Amri
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Anis Amri - der Attentäter von Berlin

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Foto: ap, LR

Der Haftbefehl stehe nicht im Zusammenhang mit dem Anschlag, sondern weil der Mann in der Hauptstadt des Sozialbetrugs verdächtigt werde, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft Frauke Köhler am Mittwoch in Karlsruhe. Die Verdachtsmomente im Hinblick auf ein Treffen des Manns mit Amri am Vorabend der Tat reichten demnach nicht aus für einen Haftbefehl der Bundesanwaltschaft wegen Mitwisserschaft.

Nach Informationen des rbb war der 26-Jährige im November 2015 schon einmal in Berlin festgenommen worden. Der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, sagte der rbb-Abendschau, gegen den Tunesier sei wegen einer schweren staatsgefährdenden Straftat ermittelt worden. Er habe damals gemeinsam mit zwei weiteren Männern im Verdacht gestanden, Sprengstoff für einen Anschlag in Düsseldorf besorgt zu haben. Dafür habe man jedoch keine Beweise gefunden.

Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", WDR und NDR soll es sich bei dem Mann um einen alten Bekannten von Amri handeln. Er sei den Behörden ebenso wie Amri früh als radikaler Salafist aufgefallen und von Fahndern observiert worden. Auch gegen den späteren Attentäter hatte die Berliner Strafverfolgungsbehörde 2016 ermittelt und das Verfahren dann eingestellt. Auch Amri wurde von Sicherheitsbehörden als "Gefährder" geführt, man traute ihm also zu, jederzeit ein Attentat zu verüben.

Die Bundesanwaltschaft ist sich inzwischen sicher, dass der 24 Jahre alte Tunesier Anis Amri der Täter des Lastwagen-Anschlags auf einen Berliner Weihnachtsmarkt vom 19. Dezember ist. "Nach unseren Erkenntnissen, nach all dem, was wir zusammengetragen haben, gehen wir davon aus, dass Anis Amri den Anschlag begannen hat", sagte Köhler am Mittwoch in Karlsruhe.

Waffe ist identisch

Außerdem teilte die Behörde mit, dass die in Italien bei Amri gefundene Waffe bei dem Anschlag in Berlin verwendet worden ist. Die Sprecherin bestätigte am Mittwoch entsprechende Angaben der italienischen Polizei. Der tödliche Schuss auf den polnischen Lkw-Fahrer sei am Parkplatz des Lastwagens am Friedrich-Krause-Ufer erfolgt. Der Fahrer habe zu dem Zeitpunkt auf dem Beifahrersitz gesessen. Dies habe unter anderem die Untersuchung von Schmauchspuren ergeben. Eine am Lkw sichergestellte Hülse passe zu der in Italien entdeckten Waffe. Den Ermittlungen zufolge befand sich zum Tatzeitpunkt keine dritte Person in der Fahrerkabine.

Allerdings sei noch unklar, woher Amri die Pistole hatte. Die Ermittlungen zur Frage, wie Amri an die Waffe gekommen sei, gestalteten sich schwierig, weil die Herstellerfirma "Erma" Ende der 90er Jahre Insolvenz angemeldet habe, sagte Köhler. Dies mache es schwierig, den "Werdegang der Waffe weiter zu verfolgen".

Außerdem ist Amri direkt nach dem Anschlag wohl von einer Kamera am Bahnhof Zoo aufgezeichnet worden. Es sei davon auszugehen, dass der Mann auf dem Video Amri sei, sagte Köhler. Er sei sich der Aufzeichnung offenkundig auch bewusst gewesen. Der Mann habe den erhobenen Zeigefinger in Richtung Kamera gezeigt - ein Gruß, der von IS-Anhängern bekannt ist.

Amris Weg nach Italien

Amris Weg nach Italien führte den Ermittlungen zufolge über die Niederlande und Frankreich. Nach Erkenntnissen der niederländischen Behörden sei er am 21. Dezember, also zwei Tage nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, mittags um 11.30 Uhr zuerst in Nimwegen gewesen und gegen 13.30 Uhr dann in Amsterdam. An beiden Bahnhöfen soll er von Überwachungskameras gefilmt worden sein. Wo sich Amri am 20. Dezember, dem Tag nach der Tat, aufhielt, ist noch nicht endgültig geklärt. Es gebe Erkenntnisse, wonach er nach der Tat über Nordrhein-Westfalen reiste, sagte Köhler. Das müsse aber noch weiter untersucht werden. Von Amsterdam fuhr Amri nach Lyon und Chambéry in Frankreich, dann nach Turin und schließlich nach Mailand. Hier wurde er am 23. Dezember bei einer Polizeikontrolle erschossen.

Amris Leiche liegt zur Zeit immer noch bei den Ermittlungsbehörden im italienischen Monza. Bisher habe sie niemand zurückgefordert, auch niemand der Familie, berichtete die Nachrichtenagentur ADN Kronos am Mittwoch unter Berufung auf die Behörde. An dem Körper des Tunesiers sollten weitere Untersuchungen durchgeführt werden - zum Beispiel, ob Amri Drogen konsumiert habe.

(stk/felt/dpa/AFP)
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