Abschied von der AfD Mut zur Lucke

Berlin · Nach etlichen anderen Mitgliedern verlässt auch der Parteigründer die AfD. Welche Pläne er nun hat, verrät der 52-Jährige nicht. Für Frauke Petry steht fest: Sie will nicht Vorsitzende einer rechtsradikalen Nischenpartei sein.

Bernd Lucke – Familienvater, Professor, Ex-AfD-Gesicht
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Das ist Bernd Lucke

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Es sei ein schmerzvoller Abschied, betont Bernd Lucke. In einer Erklärung, in der er sein Ausscheiden aus der von ihm selbst gegründeten Alternative für Deutschland (AfD) begründet, schreibt er, es falle ihm "unendlich schwer". Lucke geht auch, weil sie ihn nicht gewählt haben, die mehr als 3000 Parteimitglieder, die am vergangenen Samstag in der überhitzten Essener Gruga-Halle saßen. Doch er hat sich auch nicht hergeben wollen für den rechtspopulistischen Kurs, der auf dem Parteitag die Diskussion bestimmte.

In Essen hatten sich die nationalkonservativen Kräfte in der AfD klar durchgesetzt. Zur ersten Vorsitzenden wurde die frühere Co-Vorsitzende Frauke Petry aus Sachsen gewählt. Vorangegangen war dieser Entscheidung ein monatelanger Machtkampf zwischen Petry und Lucke, der eher für liberal-konservative Ansichten steht. Lucke, Professor für Volkswirtschaft, war seit 2013 einer von drei AfD-Vorsitzenden. Mit ihm geht auch die Europaabgeordnete Ulrike Trebesius. Nach Auskunft der Bundesgeschäftsstelle traten nach dem Parteitag rund 600 der zuletzt rund 21.000 Mitglieder aus der AfD aus.

In der Erklärung des 52-Jährigen heißt es weiter: "Ich habe sicherlich Fehler gemacht, und zu den größten gehört zweifellos, dass ich zu spät erkannt habe, in welchem Umfang Mitglieder in die Partei drängten, die die AfD zu einer Protest- und Wutbürgerpartei umgestalten wollen." In Essen habe sich dann gezeigt, dass diese Wutbürger inzwischen in der AfD in der Mehrheit seien.

Der stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Alexander Gauland bedauert die Ankündigung Luckes: "Ich finde es schade, ich hätte mir gewünscht, dass er dabei bleibt und um seine Ansichten in der Partei kämpft." Er sei allerdings kein guter Parteiführer.

Was wird nun aus der Alternative für Deutschland? Petry hat sich auf dem Bundesparteitag zwar durchgesetzt. Doch ihr Erfolg entpuppt sich als Pyrrhussieg. Obwohl sie mit Jörg Meuthen einen wirtschaftsliberalen Ersatz für Lucke in den Vorstand geholt hat, setzen sich aus dem liberalen Flügel der Partei Hunderte aktiver Mitglieder ab. Der rechte Flügel fordert gleichzeitig seinen Lohn dafür ein, dass er Petry im Machtkampf gegen Lucke unterstützt hat.

Als sich Petry am Dienstag in einem Mitgliederrundschreiben von den Schreihälsen distanziert, die auf dem Parteitag mit "Lucke raus!"-Rufen und der Forderung nach Ausweisung aller Muslime aufgefallen waren, beschweren sich einige dieser Unterstützer.

AfD-Frau Frauke Petry – jung, weiblich, populistisch
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Das ist Frauke Petry

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Alexander Heumann, neu gewählter Richter am AfD-Bundesschiedsgericht und ehemaliger Mitorganisator des Düsseldorfers Ablegers von "Pegida", bittet Petry in einer internen AfD-Gruppe bei Facebook, sie solle klarstellen, was sie mit dem in ihrem Rundschreiben formulierten Satz "Wir werden uns weiterhin von radikalen und extremistischen Positionen abgrenzen" meint.

Bernd Kölmel, der sein Amt als AfD-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg nach dem Parteitag niedergelegt hat, sagt: "Es werden keine drei Monate vergehen, dann werden Petry und Meuthen von den Rechten kaltgestellt werden oder aber sie machen mit."

Und was macht die Lucke-Truppe? Gründet sie eine neue Partei mit liberal-konservativem Profil? "Bernd Lucke ringt derzeit noch mit sich", sagt ein Vertrauter. Vermutlich wird die Entscheidung in den nächsten Tagen fallen, heißt es.

Ob es wirklich zur Gründung einer "Lucke-AfD" kommen wird, die dann der "Rumpf-AfD" von Petry Konkurrenz machen würde, hängt vor allem davon ab, wie viele Mitglieder des von Lucke im Mai gegründeten Vereins "Weckruf2015" sich dieser neuen Partei anschließen würden.

Kölmel, der als Europaparlamentarier nach seinem Ausscheiden aus der AfD jetzt parteilos ist, könnte sich schon vorstellen, "ein solches Unterfangen zu unterstützen, wenn auch nicht an vorderster Front". Andere Landesvorstände, Stadträte und Kreisvorsitzende, denen der neue Kurs der Partei nicht passt, sind noch unentschlossen.

"Wir erwarten eigentlich nicht, dass eine offen rechtspopulistische Partei wie die AfD bei der nächsten Bundestagswahl über die Fünf-Prozent-Hürde kommt", sagt Martin Klausch, Mitarbeiter am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft in Berlin. Seiner Ansicht nach dürfte es eine neue "Lucke-Partei" schwer haben, sich als zweite wirtschaftsliberale Partei gegen die Konkurrenz der FDP zu behaupten.

(dpa)
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