Neue Einheit BFE+ 250 Männer für den Anti-Terror-Kampf

Ahrensfelde · Innenminister Thomas de Maizière hat die erste Bereitschaftspolizei-Einheit mit spezieller Ausbildung und Ausrüstung für besonders "robuste" Lagen in Dienst gestellt. Für ihn war es die Konsequenz aus den Anschlägen von Paris.

Was ist die Anti-Terroreinheit BFE+ der Bundespolizei?
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Das ist die Anti-Terroreinheit BFE+

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Die Mörder schlagen dieses Mal nicht in den Redaktionsräumen von "Charlie Hebdo" zu, nicht im Bataclan-Theater in Paris, sondern am Neuen Schwanebecker Weg 3 vor den Toren Berlins. Das ist praktisch, denn das Szenario mit den drei "Terroristen", die seelenruhig am "Bahnhofsvorplatz" ihre Waffen aus dem Kofferraum holen und dann das Feuer auf Dutzende von "Passanten" eröffnen, suggeriert den Albtraum auf dem Gelände der Bundespolizei. Und so sind die besonders ausgebildeten und geschützten, martialisch auftretenden Bereitschaftspolizisten schon nach Sekunden in einem gepanzerten Zivilfahrzeug zur Stelle, um die "Angreifer" unter Feuer zu nehmen.

Nach der Übung marschieren 50 vermummte Männer vor dem ebenfalls eingesetzten Hubschrauber auf, melden, das G 36-C-Gewehr in der Hand, ihre Einsatzbereitschaft als erste Einheit "BFE+" ("Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit plus") und lassen sich von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vor laufenden Fernsehkameras offiziell "in den Dienst der Bundesrepublik Deutschland" stellen.

Spektakuläre Einsätze der GSG 9
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Foto: dpa, Henning Kaiser

Die 50 Vorreiter von Ahrensfelde sind die erste Konsequenz aus den Terroranschlägen von Paris; vier weitere Einheiten à 50 Mann (Frauen haben sich bislang nicht gefunden) werden folgen und dann voraussichtlich in Sankt Augustin, Hünfeld, Bayreuth und Uelzen in Stellung gehen. Je eine Anti-Terror-Truppe also für die östlichen, westlichen, nördlichen, südlichen und zentralen Regionen Deutschlands, jeweils mit Zugriff auf speziell gehärtete Polizeihubschrauber, um sofort auch unter Feuer in den "robusten" Einsatz zu gehen.

Das Konzept für die "BFE+"-Einheiten sei unmittelbar aus der Auswertung der islamistischen Anschläge vom 13. November entwickelt worden, schildert de Maizière. Auch in Deutschland existiere eine hohe Gefahrenlage, in der ein neuer Tätertyp jederzeit zuschlagen könne. Dieser sei hochaggressiv, sehr gut vorbereitet, schwer bewaffnet und in der Lage, an mehreren Orten gleichzeitig zuzuschlagen. Um der Bundespolizei-Spezialeinheit GSG 9 den Rücken für Geiselbefreiungen frei zu halten, sei nun die "BFE+" aufgestellt worden, die unterhalb der Sondereinsatzkommandos und oberhalb der normalen Bereitschaftspolizei eine "Fähigkeitslücke" schließen solle.

Der sperrige Begriff kommt von den Aufgaben der Polizisten außerhalb von Terrorlagen. Dann sollen sie nämlich ganz normalen Dienst tun, und zwar B wie Beweissicherung, F für Festnahme und E wie Einheit. Dafür haben sie die Grundausbildung durchlaufen. Und aus dem Pool Erfolgreicher kamen dann die besonders geeigneten Freiwilligen für zwei sechswöchige militärische Spezialausbildungen bei der GSG 9, damit sie, mit einem "+" versehen, jederzeit auch in andere Einsätze geschickt werden können.

Das können längere Spezialbewachungen von Bahngleisen, Flughäfen oder anderer gefährdeter Infrastruktur sein. Nach den Worten de Maizières aber auch andere Vorgänge, in denen die Polizei aus dem Stand besonders "robust" auftreten muss. Er nennt als Beispiel die Krawalle am Rande der Eröffnung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt im März oder die Ausschreitungen vor Tagen in Leipzig.

GSG9 stürmt Wohnungen in Düsseldorf
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Foto: Arne Lieb

Kann das überhaupt gelingen mit Beamten, die ganz normalen Dienst als Bereitschaftspolizisten schieben, vielleicht seit Stunden in einer immer brenzliger werdenden Randale zum 1. Mai festsitzen, und dann schnellstens andernorts den Kampf gegen den Terror aufnehmen sollen? Der Minister versichert, dass der Alltag so geplant werde, dass sich die Polizisten mit dem "+" schnell herauslösen lassen.

In dem Übungsszenario wird die Präsenz der Anti-Terror-Truppe am Ort des Geschehens damit erklärt, dass es Hinweise auf einen bevorstehenden Anschlag gegeben habe. Dass die Polizei in solchen Situationen künftig vorsichtshalber Spezialisten anfordern kann, dürfte die Nerven beruhigen - und damit auch der Bevölkerung das Signal des "Wir tun was" vermitteln. Je nach Einsatzerfahrung will die Polizei die "BFE+"-Ausbildung nachschärfen. Der Minister wünscht den Beamten ohnehin "möglichst wenig schwierige Einsätze zu haben". Am besten wohl: gar keine.

(may-)
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