Was wollen die Parteien ändern? Bildung ist in NRW der Wahlkampfschlager

Düsseldorf (RPO). Die Landtagswahlen in NRW werfen ihre Schatten voraus. Die Parteien sortieren Truppen, Argumente und Koalitionsaussagen. Schon jetzt ist klar: Alte Bündnisse sind nur noch die Hälfte wert. Die Wahl um die Macht in Düsseldorf entscheidet sich vielmehr am Thema Schule und Bildung. Die Programmentwürfe der Parteien geben Aufschluss.

Passagen aus dem Wahlprogramm der Linken
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Foto: dpa, mb fpt

Nichts mehr scheint im Vorfeld der NRW-Wahlen ausgeschlossen. Die aktuellen Umfrageergebnisse zeigen: Derzeit würde es nicht für eine Neuauflage der schwarz-gelben Regierungskoalition Rüttgers/Pinkwart reichen. Wohl aber für Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün. Die Parteien sortieren sich — und halten die Optionen offen. Nur Jamaika scheint wegen ausgesprägter grün-gelber Antipathien kein Modell mit Zukunftschancen zu sein. Aber auch hier gilt: Noch ist lange nichts entschieden. Erst am 9. Mai wird gewählt.

Die Wahlprogramme sind aufgestellt. Das Thema Nummer eins heißt Bildung. Vor allem im linken Spektrum steht es ganz oben auf der politischen Agenda. Die G8-Reformen haben für großen Unmut in den Familien in NRW gesorgt. Daneben stehen in den Wahlprogrammen klassische Mobilisierungsthemen wie Steuern, Sozialpolitik, Kommunalpolitik. Ein Überblick.

CDU: Für die Christdemokraten heißt der wichtigste Gegner SPD und Linke. Kernbotschaft des Wahlkampfs: Die CDU ist Speerspitze im Kampf gegen die Linkspartei. Deren Politiker seien "Chaoten, Spalter und Radikale". Der dazugehörige Slogan lautet: Sicherheit mit uns oder Chaos mit Rot-Rot.

Im Kampf um die Meinungshoheit beim Thema Bildung hat Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zuletzt angekündigt, bis zum Jahr 2015 die Klassen verkleinern zu wollen. Die CDU will sich dabei durch den demografischen Wandel helfen lassen, der eh einen Rückgang der Schülerzahlen verspricht. Darüber hinaus setzt sich die Union für mehr individuelle Förderung schon bei Kindergartenkindern ein. Sie will mehr Ganztagsschulen schaffen und die Hauptschulen erhalten. Das dreigliedrige Schulsystem soll erhalten bleiben.

FDP: Die FDP ist in den Umfragen zurückgefallen und bangt um die Macht. Gegensteuern will sie unter anderem mit der Hartz-IV-Offensive ihres Parteivorsitzenden Guido Westerwelle. "Wir werden die Thesen von Guido Westerwelle mit Nachdruck vertreten. Auch im Landtagswahlkampf wollen wir eine Debatte über mehr Leistungsgerechtigkeit führen", ließ Fraktionschef Gerhard Papke unlängst verlauten.

Der Entwurf für das Wahlprogramm 2010 trägt den Titel "Aufsteigerland Nordrhein-Westfalen 2015". Zentrale Aussage: Bildung sei dafür der Schlüsselfaktor und daher für die FDP ein Bürgerrecht. NRW soll entsprechend bis zum Jahr 2015 Bildungsland Nr. 1 in Deutschland werden. G8 soll optimiert werden: Für die FDP heißt das ähnlich wie für die CDU mehr individuelle Förderung und mehr Ganztagsbetreuung. Zudem setzt sich die Partei getreu ihrer Überzeugung, dass Wettbewerb Qualität schafft, für ein veröffentlichtes Schulranking ein.

SPD: Beim Beschluss des Wahlprogramms bemühte SPD-Chefin Hannelore Kraft das alte Lagerdenken. Ihre Partei sieht sie als Gegenkraft zum marktradikalen CDU-FDP-Lager. Das Programm bezeichnet sie als "politischen Gegenentwurf". Schwerpunkte bilden die Abschnitte "Gute Arbeit für alle", "Beste Bildung für alle" und "Ökologisches Wachstum durch Innovation".

Im Bereich Bildung will die SPD Reformen zurückdrehen. Nach einem Wahlsieg will sie die Kopfnoten wieder abschaffen. Der Besuch der Kindertagesstätten soll schrittweise gebührenfrei, die Studiengebühren sollen "zeitnah” abgeschafft werden. Im Gegenzug wünscht sich SPD Reformen bei der Grundschule. "Wir werden den Elternwunsch nach einem längeren gemeinsamen Lernen aller Kinder mit der Gemeinschaftsschule umsetzen", erklärte die SPD-Vorsitzende. Ein favorisiertes Modell für die Zukunftsentwürfe für die Bildung: die sechsjährige Grundschule.

Grüne: Grünen-Chefin Claudia Roth hat ihre Partei die Marschroute vorgegeben: Sie will die NRW-Wahl zur Abstimmung über Schwarz-Gelb zu machen. Die SPD gilt als Wunschpartner. Eine Zusammenarbeit mit der Union bereitet vielen Bauchschmerzen, wird aber keineswegs ausgeschlossen — ebensowenig wie Rot-Rot-Grün. Die Grünen wollen zurück an die Schalthebel der Macht.

In der Bildungspolitik steuern die Grünen ebenfalls auf Reformkurs. "Wir wollen die Schule von Grund auf neu denken und gestalten", heißt es im Wahlprogramm. Leitmotiv ist das "länger gemeinsame Lernen", das vor allem den Grundschülern mehr Raum für ihre persönliche Entwicklung gibt. Die Ganztagsschule spielt in diesem Zusammenhang eine tragenden Rolle. Weiterführende Schulen sollen selbst darüber entscheiden können, ob sie das Abitur in acht oder neun Jahren anbieten wollen. Kopfnoten sollen abgeschafft werden.

Linke: Die Linkspartei geht mit der Forderung nach radikaler Besteuerung von Besserverdienenden in den Wahlkampf. Für ihren Parteitag am 27. Februar in Duisburg hat sie ein "Zukunftsprogramm" vorgelegt. Eine Vermögensteuer soll 20 Milliarden in die öffentlichen Kassen spülen, eine "Millionärssteuer" sogar 80 Milliarden. Hinzu kommen Steuern auf Unternehmen (30 Milliarden) und Erben (acht Milliarden). Das Wahlprogramm hatte mit teils radikalen Forderungen sogar bei der Bundes-Linken für mittleres Entsetzen gesorgt. Unter anderem sollen die Energieunternehmen RWE und Eon verstaatlicht werden. Zudem machte sich das Programm in seinem seiner ersten Entwurf stark für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, die Abschaffung der Schulnoten sowie eine Entkriminalisierung des Cannabis-Gebrauchs. Das Papier wurde aber mittlerweile entschärft.

Beim Thema Bildung fordert die Linkspartei unter anderem die Einführung einer Gemeinschaftsschule, in der alle Kinder zehn Jahre lang zusammen lernen. Hochschul- und Kita-Gebühren sollen sofort abgeschafft werden. Die Linke will zudem einen gemeinsamen Ethikunterricht als Pflichtfach einführen. Unterricht in den verschiedenen Religionen wird nach den Vorstellungen der Linken nach Möglichkeit weiterhin angeboten, ist jedoch freiwillig.

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