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Piratin Marina Weisband kündigt Rückzug an "Bitte noch keine Abgesänge auf mich"

Berlin · Der angekündigte Rücktritt der politischen Geschäftsführerin der Piratenpartei, Marina Weisband, schlägt hohe Wellen. Von einem schweren Schlag für die junge Partei und einem großen Verlust ist die Rede. Die 24-Jährige sieht das anders und meldete sich in ihrem Internet-Blog zu Wort. Über die heftigen Reaktionen der Medien wundert sie sich.

 Die Piraten werfen Anker: Die Parteispitze gab am 10. Januar vor der Bundespressekonferenz in Berlin einen politischen Ausblick auf das Jahr 2012.

Die Piraten werfen Anker: Die Parteispitze gab am 10. Januar vor der Bundespressekonferenz in Berlin einen politischen Ausblick auf das Jahr 2012.

Foto: dapd, Maja Hitij

Marina Weisband ist eine besondere Politikerin — und das in vielerlei Hinsicht. Die junge Frau informiert Parteifreunde und Wähler fast rund um die Uhr via Twitter über die Dinge, die sie gerade beschäftigen. Wenn ihr ein Thema unter den Nägeln brennt oder sie die Berichterstattung der Medien für verfehlt hält, meldet sich die in der Ukraine geborene Politikerin in ihrem Blog Marinaslied ausführlicher zu Wort.

"Nichts wirklich passiert"

Am Mittwochabend war es mal wieder zu weit. Unter der Überschrift "Der Tag, an dem nichts wirklich passiert ist" blickt die Studentin zurück und wundert sich. "[Es] klingelt hier alle paar Minuten das Telefon, Menschen drücken mir ihren Respekt und ihren tiefen Dank aus und erinnern sich an die schöne Zeit, als sei das der Tag meiner Beerdigung", amüsierte sich Weisband und erklärt die Gründe für ihren angekündigten Rückzug. Weisband will ihr Studium erfolgreich abschließen.

"Erstmal: Es ist völlig normal, dass eine 24-jährige ihr Diplom schreiben möchte. Das tun wir 24-Jährigen nunmal so. Ich habe festgestellt, dass mit dem plötzlichen und unvorhergesehenen Erfolg der Piratenpartei einerseits und meiner persönlichen medialen Präsenz andererseits das Diplom nicht mit meinem Parteiamt zeitlich und physisch vereinbar ist", berichtet die Politikerin. Da sie für ihr Diplom nur noch bis 2013 Zeit habe, sei es jetzt höchste Zeit aktiv zu werden. Nur mit einem abgeschlossenem Studium könne sie später als Psychologin arbeiten und sei nicht darauf angewiesen, sich an ein politisches Amt zu krallen.

Amt weg? Kein Problem!

Den Wegfall ihres Parteiposten empfindet Weisband nicht als Verlust. "Ich bleibe weiter bei den Piraten und ich bleibe weiter aktiv. Ich werde meine Politik weiter machen und ich werde diese Gesellschaft weiter durch Denkanstöße zu verändern suchen", beteuert sie. Außerdem habe sie als einfaches Parteimitglied mehr politische Freiheit. Dass ihr Ausscheiden in drei Monaten ein schwerer Schlag für die Partei ist, glaubt Weisband nicht. Die Partei sei schon vor ihrem Engagament arbeitsfähig gewesen und werde dies auch bleiben.

Weisband bestätigt damit den Anspruch, den die Piraten als Partei an sich selber stellen: Es geht im Inhalte und Veränderungen — nicht um Ämter. "Obwohl sie viel Aufmerksamkeit bekommt und ganz wichtig ist für ihre Partei, ist es ihr erst mal wichtig, ihre Ausbildung abzuschließen. Das ist mir sehr sympathisch", kommentiert dann auch der Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz (Grüne).

"Ich hasse es schon..."

Rückblick: Die Politische Geschäftsführerin der Piratenpartei Deutschland war in kurzer Zeit zu einem Medienstar avanciert. Talkshows buhlten um ihre Zeit und Gunst. Für den Boulevard war sie nur noch die "schöne Piratin". Zuerst freute sich Weisband über das unerwartete Interesse — etwa Anfang Oktober nach ihrem ersten Auftritt vor der Bundespressekonferenz kurz nach dem Wahlerfolg in Berlin.

Gut zwei Monate später aber stöhnte die in Wuppertal aufgewachsene Weisband in einer bitteren Analyse: "Ich hasse es schon, dass ich so weit im Vordergrund stehe." Denn ihre Medienpräsenz bestehe "zu 80 Prozent aus Fotos, Kommentaren über meine Frisur, meine Kleidung, meine Hobbies, meine Art".

Dabei gehört Weisband, da sind sich nicht nur ihre Freunde einig, zu den klügsten Köpfen der Partei, die nicht nur zum Thema Internet eine Meinung hat und diese schlagfertig vertreten kann. So antwortete sie etwa auf die Frage nach dem geringen Frauenanteil bei den Piraten: "Echte Gleichberechtigung beginnt erst dann, wenn nicht mehr gezählt wird."

(dpa)
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