Zerreißprobe BND-Skandal GroKo auf dem Niveau von "Gurkentruppe“ und "Wildsau“

Meinung | Berlin · Die Affäre um den Nachrichtendienst BND hat das Verhältnis zwischen Union und SPD zerrüttet. Nun hat Unionsfraktionsvize Fuchs sogar Neuwahlen ins Spiel gebracht. Ist der Spähskandal der Anfang vom Ende für die Große Koalition?

 Unionsfraktionsvize Michael Fuchs.

Unionsfraktionsvize Michael Fuchs.

Foto: dapd, Axel Schmidt

Sie sagen es nicht, aber die große Koalition ist auf dem Niveau von "Gurkentruppe" und "Wildsau" angekommen. Mit diesen Begriffen belegten sich wechselseitig Union und FDP zu Zeiten der schwarz-gelben Koalition, als man keine Gemeinsamkeiten mehr fand und schlicht die schlechte Laune herrschte. Die Affäre um den BND erweist sich für das Bündnis aus Union und SPD als Katalysator für einen Prozess der Auflösung. Neuer Höhepunkt: Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) hat nun Neuwahlen ins Spiel gebracht. Die Drohung mit Neuwahlen und die Forderung nach Rücktritten gelten bei parteipolitischen Auseinandersetzungen als die letzten Patronen. Selbst die Opposition ist üblicherweise mit solchen Äußerungen zurückhaltend.

In der großen Koalition geht gerade nichts mehr. Die Union ärgert sich maßlos über die Taktik der SPD und insbesondere ihres Parteichefs Sigmar Gabriel, durch die BND-Affäre selbst an Boden gut zu machen. "Wenn man andere schlecht macht, wird man selbst noch nicht besser", erklärte heute Vormittag Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer bissig in Richtung Sozialdemokraten.

So schnell wird man die vergiftete Atmosphäre in der großen Koalition nicht wieder auf eine nüchterne Basis bringen können. Zumal die tragenden Achsen angeknackst sind. Das waren bislang Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel. Sie hatten im ersten Jahr ihrer gemeinsamen Regierung ein vertrauliches und konstruktives Miteinander gefunden, wohl wissend, dass ihr Bündnis ein Verfallsdatum haben wird. Mit seinen gezielten Attacken gegen Merkel, dem Bruch von Vertraulichkeit und dem Gerede von einer "Staatskrise" hat Gabriel die Achse instabiler werden lassen.

Auch galt das Verhältnis von Gabriel zu CSU-Chef Horst Seehofer bislang als robust. Sind sich die beiden in ihrer Art, Politik auch mal aus dem Bauch heraus zu machen, doch durchaus ähnlich. Gestern nun nannte Seehofer Gabriels Verhalten "inakzeptabel". Bemerkenswert ist in diesem Fall nicht Seehofers Wortwahl, sondern die Tatsache, dass er der Kanzlerin demonstrativ den Rücken stärkt. Dazu lässt er sich nicht allzu oft hinreißen.

So lange die BND-Krise schwelt, wird es wohl kaum möglich sein, die dicken Bretter, die in dieser Wahlperiode noch gebohrt werden müssen, fertig zu bekommen. Das gilt insbesondere für die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen und die Energiewende.

(qua)
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