BND-Affäre Sicherheitskabinett tagte zu Selektorenlisten

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach einem Bericht des Magazins "Spiegel" mit dem Sicherheitskabinett über den Umgang mit den sogenannten Selektorenlisten von BND und NSA beraten.

Der BND und seine nun nicht mehr so geheimen Außenstellen
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Foto: dpa, sja fdt

Das Gremium habe am Mittwoch zwei Stunden lang über den Wunsch des Bundestages debattiert, die vertraulichen Listen einzusehen, hieß es. Eine offizielle Stellungnahme gab es dazu allerdings nicht.

Das Sicherheitskabinett ist ein informelles Gremium, dem neben der Bundeskanzlerin die Minister für Auswärtiges, Inneres und Verteidigung angehören, außerdem der Chef das Kanzleramts. Das Sicherheitskabinett tritt dann zusammen, wenn die Sicherheitslage es erfordert, was in der Vergangenheit eher selten der Fall war - laut "Spiegel" beispielsweise 2004 nach den Terroranschlägen auf Vorortzüge in Madrid.

Von Regierungsseite war zuvor die Idee eines Sonderermittlers ins Gespräch gebracht worden: Dabei könne es sich um eine überparteiliche Persönlichkeit handeln, die Einblick in die Selektorenlisten erhalten und anschließend eine Bewertung abgeben könnte, hieß es. An dem Vorschlag gibt es allerdings Kritik, besonders aus der Opposition.

Die Bundesregierung wollte sich am Freitag nicht zu den Aussagen von BND-Chef Gerhard Schindler am Abend zuvor im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages äußern. Schindler hatte dort deutlich gemacht, dass nach seiner Auffassung eine Ausspähung von europäischen Zielen durch den BND kein Gesetzesverstoß gewesen sei.

Auch mit Stellungnahmen zu der Aussage Schindlers, wegen der öffentlichen Debatten über die Geheimdienstarbeit stehe die Zukunft des BND auf dem Spiel, hielt sich die Regierung zurück. "Für die Bundesregierung ist es wichtig, auch mit befreundeten Diensten zusammenarbeiten zu können", sagte Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz lediglich.

Bei den umstrittenen Selektorenlisten geht es um Suchbegriffe, die der US-Geheimdienst NSA dem BND zur Verfügung stellte, um mit ihnen Spionage zu betreiben. Diese richtete sich Berichten zufolge auch gegen deutsche und europäische Ziele. Die Ergebnisse der Spähaktionen leitete der BND dann teilweise an die NSA weiter.

Zur Frage der Herausgabe der Listen an das Parlament befinde sich die Bundesregierung weiterhin im Kontakt mit den USA, sagte Wirtz. Im ZDF-"Politbarometer" sprachen sich 61 Prozent der Befragten für eine Weitergabe der Selektorenlisten an den Bundestag aus. Wirtz sagte dazu, das Handeln der Regierung "richtet sich nicht nach Umfrageergebnissen".

Zuvor hatte "Spiegel Online" am Donnerstagabend berichtet, beim BND seien weitere Suchwort-Listen mit NSA-Spähzielen aufgetaucht. Diese befänden sich nicht in der Abhörstation Bad Aibling, sondern in der Pullacher Zentrale des Geheimdienstes, was auf eine stärkere Verwicklung auch der BND-Spitze in die Affäre hindeuten könnte. Aus den Listen ergibt sich demnach, dass das Interesse der NSA am Ausspähen deutscher Wirtschaftsziele größer war als bisher bekannt.

Linken-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, ihren Amtseid zu verletzen, da die Regierung gegenüber den USA "nicht souverän" auftrete.

(AFP)
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