Stadtstaat kürt sein Landesparlament Bremen - die etwas andere Wahl

Bremen (RPO). Bundesweit hat bislang kaum jemand davon Notiz genommen, aber das Superwahljahr steuert auf seine nächste Zwischenstation zu. Am Sonntag wählt Bremen ein neues Landesparlament. Doch eine Dramatik wie etwa in Baden-Württemberg wird Deutschland wohl kaum erleben, denn Rot-Grün sitzt in Bremen fest im Sattel. Lediglich für die FDP und die Linken könnte es ein spannender Abend werden.

 Jens Böhrnsen regiert in Bremen seit 2007 mit den Grünen.

Jens Böhrnsen regiert in Bremen seit 2007 mit den Grünen.

Foto: ddp, ddp

Bis zum Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler war Jens Böhrnsen kaum jemandem außerhalb von Bremen bekannt. Doch dann übernahm er interimsmäßig den Posten des höchsten Staatsmannes. Doch auch sonst gibt sich Böhrnsen mit den leisen Tönen zufrieden, gilt eher als kompetenter und ruhiger Stratege.

Dabei hätte der Bremer Bürgermeister schon jetzt allen Grund zur Freude - und am Sonntag vermutlich zum Jubeln. Denn seine SPD, die seit 1945 in der Hansestadt mit seinen knapp 500.000 Bürgern ununterbrochen regiert hat, dürfte auch am Wahltag wieder gewinnen, wenn man sich die Umfragen anschaut. Demzufolge könnte die Partei 36 bis 37 Prozent der Stimmen erlangen.

Grüne auch in Bremen im Umfragehoch

Und auch ihrem Koalitionspartner, mit dem die Sozialdemokraten seit 2007 regieren, werden hohe Umfragewerte zugesagt. Die Grünen könnten demnach auf 24 Prozent kommen. Das wären knapp 7,5 Prozent mehr als bei der letzten Wahl - ein Folge auch der derzeitigen Stimmungslage, die den Grünen in nahezu allen Teilen der Republik massive Zugewinne verspricht.

Und so scheint in der Hansestadt alles beim Alten zu bleiben. Rot-Grün kann wohl weiter regieren, zumal die CDU seit jeher einen schweren Stand in Bremen hat. Ihrer Spitzenkandidatin Rita Mohr-Lüllmann fiel es dementsprechend schwer, eigene Themenschwerpunkte zu setzen.

Denn die Haushaltspolitik - Bremen hat die höchste Pro-Kopf-Verschuldung Deutschlands - und die Sozialpolitik hat sich bereits die regierende Koalition auf die Fahne geschrieben. Bürgermeister Böhrnsen gilt als Haushaltskonsolidierer, der keine großen Wahlversprechen macht, und die Spitzenkandidatin der Grünen, Karoline Linnert, agiert ebenso pragmatisch seit vier Jahren als Finanzsenatorin.

Spannend könnten es die Grünen theoretisch aber dennoch machen - indem sie eine grün-schwarze Koalition ins Spiel bringen würden. Denn dann könnten sie auch den Bürgermeister stellen. Doch Spitzenkandidatin Linnert hat bereits im Vorfeld angekündigt, dass es dazu nicht kommen werde.

FDP muss zittern

Wesentlich unentspannter dürfte dagegen die FDP der Wahl entgegen sehen, denn bislang lief das Wahljahr alles andere als optimal. In Rheinland-Pfalz aus dem Parlament geflogen, in Baden-Württemberg die Fünf-Prozent-Hürde geradeso geschafft, lediglich in Hamburg lief es ein wenig besser. In Bremen droht nun eine Wiederholung der Negativserie. In den Umfragen liegt die Partei bei drei bis vier Prozent.

Auch für die Linken könnte das Bremer Ergebnis bundesweite Folgen haben. In den Umfragen liegt die Partei bei sieben Prozent. Und die Hansestadt war es auch, in der der Partei das erste Mal der Sprung in ein Landesparlament gelang. Sollte sie entgegen den letzten Umfragen nun aus der Bürgerschaft fliegen, könnte es für die ohnehin immer wieder kritisierten Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst eng werden.

Bundespolitisch dagegen hat die Wahl nach Ansicht der Experten keine Bedeutung. "Das wird niemanden vom Sockel reißen", sagt Politikwissenchaftler Gersd Langguth. Bremen werde als unwichtig angesehen, weil es im Grunde nicht mehr sei als eine Kommunalwahl. Und Forsa-Chef Manfred Güllner sagt, Bremen sei nicht einmal annähernd eine Testwahl mit bundespolitischer Bedeutung, weil es so untypisch sei - eine SPD-Stadt, in der die CDU nie richtig Fuß fassen konnte.

Interessant dürfte aber ein ganz anderer Punkt werden. Erstmals dürfen in Bremen auch die 16- und 17-Jährigen abstimmen. Auch wenn ihr Einfluss als relativ gering eingeschätzt wird aufgrund der zahlenmäßigen Unterlegenheit, so dürfte es doch spannend sein, wie die Jugendlichen die großen Volksparteien beurteilen, denen immer mehr eine zunehmender Bedeutungsverlust vorhergesagt wird.

(afp/rtr/dapd/das)
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