Schenkungen Bürger sichern vorzeitig ihr Erbe

Berlin · Die Einnahmen der Länder aus der Schenkungsteuer nehmen zu, allein in NRW um 94 Prozent. Viele Familien wollen vorab ihr Erbe sichern, weil Karlsruhe die derzeitige Erbschaftsteuer kippen könnte.

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Foto: gms

Eltern und Großeltern übertragen ihr Vermögen immer häufiger noch zu Lebzeiten an ihre Kinder und Enkel. Die Einnahmen Nordrhein-Westfalens und anderer Länder aus der Schenkungsteuer sind in den vergangenen Jahren teils drastisch gestiegen. Allein in Nordrhein-Westfalen kletterte das Aufkommen der Schenkungsteuer im vergangenen Jahr gegenüber 2012 um 94 Prozent auf 244 Millionen Euro. In Rheinland-Pfalz versechsfachte sich die Schenkungsteuer sogar explosionsartig auf nunmehr 104 Millionen Euro.

Wichtiges Motiv ist, dass viele Familien einer möglichen Erhöhung der Erbschaft- und Schenkungsteuer zuvorkommen wollen. Denn das Bundesverfassungsgericht dürfte im Herbst die bisher geltenden großzügigen Regeln, das Betriebsvermögen zu schonen, für verfassungswidrig erklären. Bisher gilt: Wenn ein Betrieb zehn Jahre lang weitergeführt wird, bleibt die Übertragung steuerfrei, nach sieben Jahren entfallen 85 Prozent der Steuer. Viele Erblasser suchen daher auch nach Möglichkeiten, ihr Privat- in Betriebsvermögen umzuwandeln.

"Generell geht der Trend dahin, Vermögen bereits zu Lebzeiten zu übertragen", bestätigte Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer. Dabei spiele die Unsicherheit über die bevorstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine große Rolle. "Insbesondere die Möglichkeit der kompletten Verschonung von Betriebsvermögen steht auf dem Prüfstand", sagte Schmidt-Kesseler. "Gerade Inhaber von Unternehmen haben daher in den letzten Jahren die Möglichkeit genutzt, Unternehmensvermögen zu übertragen."

Mit der Schonung des Betriebsvermögens bei der Übertragung wollte der Gesetzgeber verhindern, dass Unternehmen nur infolge einer Erbschaft oder Schenkung wegen der Steuerlast in ihrer Existenz bedroht werden. Der Bundesfinanzhof hielt den Vorteil für die Unternehmen gegenüber Privatvermögen jedoch bereits 2012 für verfassungswidrig und hatte die Regelung daher dem Verfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Das Karlsruher Urteil wird im Herbst erwartet.

Viele Familien wollen zudem von hohen Freibeträgen bei der Übertragung an die Nachfahren mehrfach profitieren. Dies ist durch eine frühe Schenkung möglich. Denn schon nach zehn Jahren kann der Freibetrag erneut in Anspruch genommen werden. "So können über einen längeren Zeitraum persönliche Freibeträge mehrfach genutzt werden", sagte Schmidt-Kesseler.

In Nordrhein-Westfalen gab es 2013 insgesamt 4772 steuerrelevante Schenkungen mit einem Vermögenswert von insgesamt 2,3 Milliarden Euro - ein Plus von fast 38 Prozent. Nahezu die Hälfte der Schenkungen hatte einen Wert von weniger als 50 000 Euro. Ihr Anteil an der Schenkungsteuer lag bei nur 2,5 Prozent. In jedem siebzigsten Fall wurden mehr als fünf Millionen Euro verschenkt; ihr Anteil an der gesamten Steuer betrug 46 Prozent.

Die Einnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer steigen bundesweit wegen des wachsenden Erbvolumens deutlich an, wie aus dem August-Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums hervorgeht. Demnach nahm das Aufkommen von Januar bis Juli 2014 um gut 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Damit werden die Erwartungen bisher um das Doppelte übertroffen. Für das Gesamtjahr 2014 hatten die Steuerschätzer ein Plus von nur zwölf Prozent auf 5,2 Milliarden Euro vorhergesagt.

(rl/mar)
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