Bundeshaushalt 2017 Die Koalition ist sich einig über das große Geldausgeben

Berlin · Im Wahljahr 2017 will die Große Koalition kräftig Geld verteilen – und das ohne neue Schulden zu machen. Nach dem Wahltag ist Zahltag, kritisiert die Opposition.

 Wolfgang Schäuble und Sigmar Gabriel verhandeln über den Bundeshaushalt.

Wolfgang Schäuble und Sigmar Gabriel verhandeln über den Bundeshaushalt.

Foto: dpa, wk sab ink

Im Wahljahr 2017 will die Große Koalition kräftig Geld verteilen — und das ohne neue Schulden zu machen. Nach dem Wahltag ist Zahltag, kritisiert die Opposition.

Wolfgang Schäuble will nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen. Den Streit über die Höhe der von der SPD durchgesetzten Zusatzausgaben - mehr als fünf Milliarden oder doch "nur" 2,35 Milliarden Euro - umgeht der Finanzminister lässig: "Mich interessiert die Rechnung nicht." Und auf den vorher angedrohten geballten Widerstand aller SPD-Ministerien im Kabinett, die ihren Unmut und weitere Forderungen beim Regierungsbeschluss zu Protokoll geben wollten, geht der Kassenwart nur kurz ein. "Alles gut", sagt Schäuble: "Wir haben uns gegenseitig gelobt und bedankt." Um dann doch noch zu einem kleinen Seitenhieb auf den Vize-Kanzler und den jüngsten Wahlkampf-Zoff auszuholen: "Herr Gabriel ist im Urlaub, den hat er verdient und braucht er auch offensichtlich."

Eine typische Schäuble-Spitze, aber nicht mehr das Getöse und der Tamtam der vergangenen Tage. Da forderte der wahlkämpfende SPD-Chef mehr Geld für Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt und warnte dabei vor einem Rechtsruck, und Schäuble nannte den Vorstoß für das Solidarpaket "erbarmungswürdig". Sogar der Terminplan für den Etat wurde von den Sozialdemokraten in Frage gestellt. Noch am Mittwochmorgen aber sollen Schäuble und urlaubende Gabriel letzte Differenzen ausgeräumt und sich ein weiteres Mal zusammengerauft haben. Dabei geht es eigentlich nur um das Geld, das zur Umsetzung des schwarz-roten Koalitionsvertrages noch nötig ist.

Die Koalition des großen Geldausgebens

Trotz des vorangegangenen Theaterdonners beschließt das Kabinett wie geplant die Haushalts-Eckpunkte - und verteilt im Wahljahr 2017 noch einmal großzügig, was die hohen Steuereinnahmen und extrem niedrigen Zinsen so hergeben. Das Regierungsbündnis präsentiert sich einmal mehr als Koalition für das große Geldausgeben. Denn nicht nur die Flüchtlingskosten jagen die Ausgaben in die Höhe. Es gibt auch deutlich mehr Geld für Sozialleistungen. Massiv aufgestockt werden die Etats für Verteidigung und innere Sicherheit, auch das Verkehrs- und Bauressort können sich freuen. Und das alles ohne neue Kredite. Was dank eines satten Finanzpolsters von knapp 13 Milliarden Euro zumindest in diesem und im nächsten Jahr klappen könnte.

Beklagen können sich beide Seiten nicht. Die Union verweist auf die Zusatzmittel der CDU- beziehungsweise CSU-geführten Ressorts. Von einer sozialen Schieflage will CDU-Haushaltsexperte Eckardt Rehberg schon gar nicht reden. Schließlich würden 2017 gut 171 Milliarden Euro oder 55 Prozent aller Ausgaben auf Soziales entfallen - die wohl höchste Sozialleistungsquote im Bundesetat, die es je gegeben habe.

Gabriel lässt verkünden: "Ich freue mich darüber, dass wir mit den Eckwerten für den Bundeshaushalt 2017 einen klaren Schwerpunkt auf gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration legen." Ob damit der Haushaltsstreit wirklich zu den Akten gelegt ist, wird sich zeigen. Denn verabschiedet wird der Wahljahr-Etat 2017 Ende November.

Die SPD hatte natürlich schon länger auf die zusätzlichen finanziellen Spielräume geschielt, die sich aus den extrem niedrigen Zinsen und höheren Steuereinnahmen ergeben. Dank der anhaltenden Politik des billigen Geldes von EZB-Präsident Mario Draghi spart Schäuble nicht nur Milliarden bei Alt-Krediten, er verdient dank der Negativzinsen sogar noch beim Schuldenmanagement. 2017 dürften die Zinsausgaben des Bundes gegenüber dem Niveau 2015 nochmals sinken.

Doch schon 2018 droht statt der "Schwarzen Null" im Haushalt ein "Schwarzes Loch". Nach Schäubles neuem Finanzplan kann der Verzicht auf neue Schulden dann nur gelingen, wenn 6,7 Milliarden Euro gespart oder über Einnahmen erwirtschaftet werden. Die Grünen kommentieren dies so: "Die Finanzierung ihres Haushaltes kippen CDU, CSU und SPD der nächsten Regierung vor die Füße." Der Finanzminister handele nach der Devise: "Nach dem Wahltag kommt der Zahltag."

Zumal weitere Belastungen ab 2018 drohten: eine leere Rentenkasse und ein Investitionsstau, warnt nicht nur die Opposition. Die erheblichen Milliarden-Forderungen der Länder im Zuge der geplanten Neuordnung der Finanzbeziehungen tauchen in Schäubles Zahlenwerk noch gar nicht auf. Aber womöglich scheitert auch die Reform.

(felt/dpa)
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