Wulff soll Wahrheit verschwiegen haben Bundespräsident weist Vorwürfe zurück

Düsseldorf · Bundespräsident Christian Wulff lässt Vorwürfe zurückweisen, er habe den niedersächsischen Landtag getäuscht. In der Sache geht es um einen Privatkredit über 500.000 Euro aus seiner Zeit als Ministerpräsident. Wieder einmal wird Wulff seine Nähe zu Unternehmern zum Problem.

Bettina Wulff - Stilsicher im Orient
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Hat Christian Wulff in seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen unredlich gehandelt und eine Nachfrage des Landesparlaments nicht wahrheitsgemäß beantwortet? Auslöser des Wirbels ist ein aktueller Bericht der Bild-Zeitung. Darin schreibt das Blatt, Wulff habe sich eine halbe Million Euro von einer Unternehmergattin geborgt, um damit einen Hauskauf zu finanzieren. Angeblich liegen der Zeitung Dokumente vor, die diese Behauptung stützen. Im Parlament habe Wulff jedoch jegliche geschäftliche Beziehung zu dem Unternehmer verneint.

Das Bundespräsidialamt wies den Bericht am Dienstag zurück. Derzeit bereist Wulff mit seiner Frau Bettina die Golfregion. Für den heutigen Abschlusstag ist ein Besuch Kuwaits vorgesehen.

Die Causa Air Berlin

Die Vorwürfe, auf die sich Wulff bezieht, reichen zurück bis in das Jahr 2010. Damals soll Wulff eine im Parlament eingebrachte Nachfrage von zwei Abgeordneten der Grünen nicht wahrheitsgemäß beantwortet haben. Wulff kämpfte damals mit den Folgen der so genannten Air-Berlin-Affäre. Auch in dieser Sache musste Wulff gegen den Verdacht ankämpfen, er pflege womöglich zu enge Kontakte zu Unternehmern und ziehe daraus persönliche Vorteile.

Im Fall der Causa Air Berlin ging es um einen Flug nach Florida, wo Wulff den Berichten zufolge seinen Weihnachtsurlaub in der Villa des befreundeten Osnabrücker Unternehmers Egon Geerkens verbrachte. Eine Vergünstigung von Air-Berlin-Chef Joachim Hunold brachte den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten damals in politische Schwierigkeiten.

Für den Familienurlaub in Florida hatte der Politiker Economy-Tickets bei Air Berlin gekauft. Tatsächlich waren die Wulffs aber dank eines kostenlosen "Upgrades" Business-Klasse geflogen. Sie seien erst am Abflugtag darüber informiert worden.

Wulff zahlte später den mehrere Tausend Euro teuren Differenzbetrag zurück, er habe das damals gar nicht so richtig mitbekommen. Die Opposition beruhigte das damals nicht. Denn Wulff selbst hatte kostenlose Flugmitnahmen seiner Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) und Gerhard Glogowski (SPD) gnadenlos verfolgt.

Darauf bezog sich nun auch die parlamentarische Nachfrage der Grünen im Februar 2010. Sie wollten wissen, ob Wulff geschäftliche Beziehungen zu Hunold oder Villa-Besitzer Geerkens gepflegt habe. Wulff verneinte das. In seiner Erklärung hieß es, zwischen Ministerpräsident Wulff und den in der Anfrage genannten Personen und Gesellschaften habe es in den letzten zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben.

Unternehmergattin verteidigt Privatkredit

Nun steht der Verdacht auf Täuschung des Landtags im Raum. Zwar hatte Wulff der Form nach keine geschäftlichen Kontakte zu Egon Geerkens. Nach dem Bericht der Bild-Zeitung aber mit Geerkens Ehefrau Edith. Mit ihr soll er im Oktober 2008 einen privaten Kreditvertrag geschlossen haben: 500.000 Euro zu einem Zinssatz von vier Prozent. Kurz nach der Anfrage im Landtag soll Wulff den privaten Kredit aufgelöst und durch ein normales Hypotheken-Darlehen bei der BW Bank zu marktüblichen Konditionen ersetzt haben.

Die Unternehmergattin Edith Geerkens verteidigte den Privatkredit an den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten als seriös. Die von ihr mit den Wulffs vereinbarten Zinsen von vier Prozent hätten den "zu erwartenden Zinsen einer Bankanlage" entsprochen, sagte sie "stern.de". Zu berücksichtigen sei dabei, dass damals in der Bankenkrise "Bankanlagen als sehr unsicher galten". Das Darlehen habe aus ihrer Sicht "keinen Bezug zum Haus der Familie Wulff" gehabt, sondern sei "privat zur freien Verfügung gewährt" worden.

Das Bundespräsidialamt beharrt nun darauf, Wulff habe die Anfrage der Grünen "korrekt beantwortet", wie am Dienstag Wulffs Sprecher Olaf Glaeseker versicherte."Solche geschäftlichen Beziehungen bestanden und bestehen nicht. Es bestand eine Vereinbarung mit Frau Edith Geerkens zu einem Darlehen aus ihrem Privatvermögen. Dementsprechend wurde die unmissverständliche Anfrage wahrheitsgemäß verneint", sagte Glaeseker.

Doch so oder so: Abermals gerät Wulff durch enge Verbindungen zu privaten Geschäftsleuten in die Schlagzeilen. Die Kontakte zu Geerkens sind unbestritten. Wulff selbst bezeichnete ihn einmal als väterlichen Freund.

Hochgestuft in die Business Class

Auch die Verbindung zu Hunold ist bekannt. Wulffs Frau Bettina hatte sich damals mit dem Airline-Chef bei dessen Geburtstag über die Urlaubsziele der Familie "über die Weihnachtszeit" unterhalten. Als Hunold erfuhr, dass Wulff mit seiner Frau und den beiden Kindern sich nur in der Economy-Klasse nach Florida eingebucht hatte, stufte er die Familie persönlich in die komfortablere Business Class nach oben. Im Trubel vor Weihnachten hatte der Landeschef aus Hannover das nach eigenen Angaben gar nicht richtig mitbekommen. Geflogen ist er trotzdem.

Es folgte der Sommer 2010, den Wulff auf Mallorca und seine Familie auf einem Anwesen verbrachten, das angeblich zum Umfeld des niedersächsischen Unternehmers Carsten Maschmeyer gehörte. Der Gründer des Finanzdienstleistungskonzerns AWD zählt mit einem Privatvermögen von mehr als einer halben Milliarde Euro zu den reichsten Deutschen. Er ist mit Christian Wulff eng befreundet und war auch zu Gast bei dessen Hochzeit im März 2008.

Schon damals bemühte sich das Bundespräsidialamt, den Eindruck eines anrüchigen Freundschaftsdienstes für Wulff zu zerstreuen.

(pst)
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