Wirbel um Glaeseker-Mails "Glatzenschmatz" und "Generalfeldschnulli"

Berlin · Jüngst veröffentlichte E-Mail-Dokumente seines Ex-Sprecher Olaf Glaeseker und des Eventmanagers Manfred Schmidt geben den Vorwürfen gegen Bundespräsident Christian Wulff neuen Auftrieb. Die Schriftstücke sind Belege für ein System der gegenseitigen Gefällichkeiten und Gegenleistungen, in denen Wulff und sein Sprecher Hauptrollen spielen.

Olaf Glaeseker - enger Vertrauter im Wulff-Kosmos
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Es sind Einblicke in eine eigenwillige Männerfreundschaft, die eine nun veröffentlichte Korrespondenz liefert. Geschrieben haben die E-Mails, wie der "Stern" berichtet, Olaf Glaeseker, ehemaliger Sprecher und engster Berater von Bundespräsident Christian Wulff, und der Veranstaltungsmanager Manfred Schmidt. Beide Männer stehen im Fokus von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover: Schmidt wegen des Verdachts der Bestechung, Glaeseker wegen des Verdachts der Bestechlichkeit.

"Generalfeldschnulli"

Als "Schnulli", bezeichnet Schmidt den Wulff-Berater Glaeseker in den Mails, der ihn seinerseits "Oberschnulli" nennt und mit "Generalfeldschnulli" unterzeichnet oder wahlweise einen "Dicken Glatzenschmatz!!!" sendet.

Schmidt, der Mann für elitäre Großereignisse, organisierte zwischen 2007 und 2009 den "Nord-Süd-Dialog". Die Treffen der Spitzen aus Politik, Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Bereichen standen unter Schirmherrschaft Niedersachsens und Baden-Württembergs; gezahlt haben private Sponsoren. Doch bei der Suche nach Geldgebern konnte der Manager schon zu Beginn der Veranstaltungsreihe 2007 auf einflussreiche Helfer aus der niedersächsischen Staatskanzlei zählen, wie die "Stern"-Dokumente belegen.

Schirmherrschaft Niedersachsens und Baden-Württemberg

Um eine finanzielle Beteiligung habe Wulff, zu der Zeit niedersächsischer Ministerpräsident, den damaligen Bahn-Chef Hartmut Mehdorn persönlich gebeten. Nach Angaben des Magazins gab ein Berater des Konzernchefs im Jahr darauf in einer E-Mail an eine Mitarbeiterin Schmidts an, als diese Mehdorn erneut um einen Zuschuss bat. Wie Anfang Januar bekannt wurde, hatte Wulff sich auch für ein Sponsoring durch den Versicherungskonzern Talanx eingesetzt.

Die weitere Sponsorensuche oblag zwar nicht dem Ministerpräsidenten persönlich — doch öffnete sein Name offenkundig Türen: "Bei Wulli-Wulli bin ich dabei", schrieb etwa Evonik-Kommunikationschef Christian Kullmann, "er könnte auch mal Kanzler werden. Darf Evonik da fehlen?"

Sauuuuuuuwooohl gefühlt

Glaeseker war zunächst Regierungssprecher in Niedersachsen, stieg später zum Staatssekretär auf. Seinen Platz im Herzen von Manfred Schmidt erarbeitete sich der spätere "Präsidenten-Macher" schon damals. Zutraulich wurde der E-Mail-Verkehr, wenn wieder ein Dank anstand: "Vera und ich haben uns bei Dir wie immer sauuuuuuuwooohl gefühlt", dankte Glaeseker 2008 Schmidt für einen Urlaub in einem seiner Feriendomizile.

Auch VIP-Plätze auf Flügen soll Schmidt dem Wulff-Intimus zugeschanzt haben. Seinem Dank ließ Glaeseker den E-Mails zufolge Taten folgen: Der "Nord-Süd-Dialog", für den in Hannover ein Flughafen-Terminal gesperrt werden musste, sorgte in der Staatskanzlei für Kontroversen, die der Wulff-Sprecher jedoch aus dem Weg schaffte. "DU bist eine SchnulllllliGRANATE!!!!!", jubelte Schmidt daraufhin.

Dass Glaesekers Aktivitäten nicht nur wegen seiner Tätigkeit als Staatssekretär auf Wulff abfärben könnten, liegt auch an Formulierungen aus einem anderen Schriftstück: Am 17. September 2009 warb Glaeseker per E-Mail bei dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Messe AG, Wolfram von Fritsch.

In dem Schreiben bat Glaeseker darum, den Dialog erneut finanziell zu unterstützen: "Wir würden uns auch im Namen von Ministerpräsident Christian Wulff freuen." Der Erfolg im Wert von 25 000 Euro gab Veranstalter Schmidt erneut Recht, mit Glaeseker den richtigen Mann eingeschaltet zu haben.

Luxuswohnung "Residenz"

Zwar stand Wulff im Wechselspiel mit dem Party-Veranstalter am Rande. Mit einer Ausnahme: Nach der Bundespräsidentenwahl richtete der umtriebige Netzwerker Schmidt am 30. Juni 2010 in seiner Luxuswohnung "Residenz" eine Party aus. Wulff selbst soll die Gästeliste mitbestimmt haben, womit der Vorwurf der Vorteilsnahme im Amt neue Nahrung erhält.

Zumindest darf bezweifelt werden, dass es sich um eine rein freundschaftliche Geste Schmidts handelte: Die prominenten Besucher sonnten sich im Glanz des Staatsoberhauptes. "Ich hoffe, ich kann mich bei dir revanchieren", soll ein Lobbyist Schmidt nach dem Abend gesagt haben.

Zum Netzwerk des Party-Manns gehören auch andere Politiker wie Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), den Schmidt auch schon mit einer Feier in der "Residenz" ehrte. Zum 60. Geburtstag von Ulla Schmidt (SPD), damals Gesundheitsministerin, lud der Eventmanager zu deftiger Hausmannskost in die noble Adresse.

Die veröffentlichten Dokumente legen nahe, dass er die Ministerin einlud. Kurz darauf organisierte er die "Gesundheitsgespräche am Brandenburger Tor"; "mit persönlicher Empfehlung von Bundesministerin Ulla Schmidt". Die will davon heute nichts wissen — und die Party selbst bezahlt haben.

(RP/csi)
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