Steuergelder für Nord-Süd-Dialog Wulff: "Das muss aufgeklärt werden"

Berlin · Bundespräsident Christian Wulff fordert, die Mit-Finanzierung der privaten Nord-Süd-Dialoge durch die damals von ihm geführte niedersächsische Landesregierung aufzuklären. Die massiven Vorwürfe gegen seinen früheren Sprecher Olaf Glaeseker seien für ihn "keine einfache Situation." Wulff rechnet mit einem Verfahren vor dem niedersächsischen Verfassungsgericht. Die SPD hatte eine Klage angekündigt.

 Bundespräsident Chrisitian Wulff stand

Bundespräsident Chrisitian Wulff stand

Foto: dapd, Michael Gottschalk

Auf der Veranstaltung "Zeit-Matinee" am Sonntag in Berlin erklärte Wulff, von den Zahlungen des Landes nichts gewusst zu haben. Die Auskunft im niedersächsischen Landtag, dafür sei kein Steuergeld geflossen, sei "nach bestem Wissen und Gewissen erteilt" worden, sagte der Bundespräsident.

Wenn sich jetzt herausgestellt habe, dass dies doch der Fall gewesen sei, "dann muss das aufgeklärt werden". Sollte jetzt doch Steuergeld geflossen sein, "hätten wir dem Parlament gegenüber nicht die Wahrheit gesagt."

Wulff rechnet damit, dass die Vorwürfe gegen seine Regierung vom niedersächsischen Verfassungsgericht geprüft werden. Das ist ein ernster Vorgang, der zurecht jetzt vermutlich vom Staatsgerichtshof geklärt werden wird." Der niedersächsische SPD-Fraktionschef Stefan Schostok hatte zuvor angekündigt, Wulff wegen Täuschung des Parlaments vor dem Landesverfassungsgericht zu verklagen.

Wulff räumte ein, die unter anderem in diesem Zusammenhang gegen seinen früheren Sprecher und engen Vertrauten erhobenen Vorwürfe Olaf Glaeseker seien für ihn "keine einfache Situation". Glaeseker sei jemand, "dem ich viel zu verdanken habe.

Für die Aufklärung dieser und weiterer Vorwürfe seien jetzt die Justiz und die Parlamente zuständig. Bis dahin gelte auch für Glaeseker die Unschuldsvermutung. Diese sei eine "zivilisatorische Errungenschaft".

Wulff hob hervor, ihm selbst würden keine solchen Rechtsverstöße vorgeworfen. Er habe zwar Fehler gemacht, doch für die habe er sich entschuldigt. Er selbst habe sich für seine "Fehler entschuldigt". Weitere Vorwürfe sehe er nicht. Nun sei es seine "Aufgabe, Vertrauen zurückzugewinnen" und "Irritationen" auszuräumen, betonte der Bundespräsident.

Der Präsident äußerte die Hoffnung, bei der Bewertung seiner Präsidentschaft würden nach Ablauf der fünfjährigen Amtszeit nicht die aktuellen Vorwürfe gegen ihn im Vordergrund stehen, sondern seine Anliegen, "die Republik ein Stück weltoffener zu machen" und "Zuwanderung als Bereicherung zu empfinden".

Kritik an der Berichterstattung über ihn wolle er nicht üben, doch wäre es gut, nicht "durch übertriebene Auflösung von Privatsphäre die Zahl derjenigen zu verringern, die in die Politik gehen".

An Rücktritt denke er nicht, bekräftigte Wulff. Er sei vielleicht auch wegen der Erfahrung mit schwierigen Situationen in seiner Jugend "weniger geneigt, einfach hinzuschmeißen oder davonzulaufen". Wulff musste als Jugendlicher seine kranke Mutter pflegen und sich um seine kleine Schwester kümmern, nachdem erst sein Vater und dann auch der Stiefvater die Familie verlassen hatten.

Am Wochenende erfuhr Wulff Unterstützung von namhaften Politikern seiner Partei. Verteidigungsminister Thomas de Maizière sieht die Affäre als überstanden an. Derzeit würden nur noch "Nachhutgefechte geliefert", sagte de Maizière der Ulmer "Südwest Presse" (Montagausgabe) laut Vorabbericht.

Diese müsse man "gelassen aushalten", mahnte er. Nachfolgedebatten nannte der Minister ebenso "abwegig" wie Spekulationen, er selbst komme als möglicher Nachfolger von Wulff als Bundespräsident in Betracht.

Auch der frühere baden-württembergische Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) stellte sich an Wulffs Seite. "Man wirft Christian Wulff gar nichts vor. Man wirft seinem Sprecher, der gegangen ist, in der Ausübung seines früheren Amtes etwas vor. Das ist alles", sagte der CDU-Politiker der Tageszeitung "Die Welt" (Montagausgabe) laut Vorabbericht. Für einen Rücktritt Wulffs sieht Oettinger keinen Grund. "Die relevanten Fragen sind beantwortet." Wulff könne seine Autorität als Staatsoberhaupt zurückgewinnen.

Seit fast sieben Wochen steht der Bundespräsident in der Kritik wegen eines günstigen Privatkredits, diverser kostenloser Urlaubsreisen und seines Umgangs mit den Medien. Inzwischen haben Ermittlungen gegen Glaeseker das Staatsoberhaupt weiter in Bedrängnis gebracht.

(AFP/dpa)
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