Streit um Vorratsdatenspeicherung Bundesregierung droht Strafe in Millionenhöhe

Berlin · Die Bundesregierung wartet im koalitionsinternen Streit um die Vorratsdatenspeicherung nun auf eine neue Ansage aus Brüssel. Deutschland habe die von der Europäischen Kommission geforderte Stellungnahme fristgerecht eingereicht, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin.

Vorratsdatenspeicherung: Fragen und Antworten
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Fragen und Antworten zur Vorratsdatenspeicherung

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Foto: dapd, Thomas Kienzle

Er fügte hinzu: "Jetzt ist es Sache der EU Kommission, über das weitere Vorgehen zu entscheiden." Die Bundesregierung werde weiter daran arbeiten, "einen gemeinsamen Weg zu finden", versicherte Seibert.

Hintergrund ist ein Streit zwischen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Während die Union die anlasslose Vorratsdatenspeicherung zu Ermittlungszwecken erlauben möchte, pocht die FDP auf ein alternatives Verfahren, welches den Datenschutz stärker berücksichtigt. Grund für den Neuregelungsbedarf ist eine Richtlinie der Europäischen Kommission. Sollte Deutschland diese nicht umsetzen, drohen Strafzahlungen in Millionenhöhe.

Seibert bekräftigte, Kanzlerin Angela Merkel verfolge "genau, dass beide Ressortminister im intensiven Gespräch sind". In dem Brief an die Kommission soll auch von einer zeitnahen Kabinettsbefassung die Rede sein.

Union greift Leutheusser-Schnarrenberger an

In der Union gibt es derweil großen Unmut über das Verhalten der FDP-Justizministerin in der Streitfrage. Die CSU fordert ein Machtwort Merkels. Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl warf in der "Passauer Neuen Presse" Leutheusser-Schnarrenberger eine Blockadehaltung vor, die ein "gewaltiges Risiko für unsere öffentliche Sicherheit" darstelle. Mit ihrer Meinung, das anlasslose Speichern von Verbindungsdaten sei rechtswidrig, sei die Ministerin "völlig isoliert".

Auch stünden Deutschland wegen der fehlenden Umsetzung der EU-Richtlinie Strafzahlungen von 30 Millionen Euro ins Haus. "Mit Frau Leutheusser-Schnarrenberger gibt es keine Chance auf einen Kompromiss", konstatierte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion. Deshalb sollte die Kanzlerin "ein Machtwort sprechen und die Justizministerin zur Ordnung rufen".

Schaar hat juristische Zweifel an Vorratsdatenspeicherung

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisierte wiederum die EU-Kommission wegen ihrer drohenden Klage gegen Deutschland. "Die EU-Kommission sollte zunächst vor der eigenen Türe kehren, schließlich hat sie bei dem Thema selbst so einige Fristen versäumt", sagte Schaar der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Schaar bezweifelte, ob die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung überhaupt mit dem europäischen Grundrecht auf Datenschutz vereinbar ist. So habe Irland den Europäischen Gerichtshof um Überprüfung dieser Frage gebeten. "Wenn die Grundrechtskonformität bereits auf europäischer Ebene strittig ist, dann halte ich die nationalen Bedenken zur Umsetzung der Brüsseler Vorgabe für legitim", sagte der oberste Datenschützer.

Als reines "Wahlkampfgetöse" bezeichnete Linke-Abgeordneter Jan Korte den schwarz-gelben Streit um die Vorratsdatenspeicherung. "Vor den Landtagswahlen passiert nichts mehr, und danach wird man sich unter dem Druck Europas einigen und gemeinsam Grundrechteabbau betreiben", meinte Korte.

(APD)
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