Kommentar zum Jahreswirtschaftsbericht Regierung ist bescheiden und mutig zugleich

Meinung | Berlin · Ölpreisrückgang, Euro-Kursverfall und Dauer-Niedrigzinsen – jede dieser Entwicklungen für sich genommen stimuliert die deutsche Wirtschaft. Die Bundesregierung ist geradezu bescheiden und zurückhaltend, wenn sie im neuen Jahreswirtschaftsbericht "nur" auf ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent im laufenden Jahr setzt.

Ölpreisrückgang, Euro-Kursverfall und Dauer-Niedrigzinsen — jede dieser Entwicklungen für sich genommen stimuliert die deutsche Wirtschaft. Die Bundesregierung ist geradezu bescheiden und zurückhaltend, wenn sie im neuen Jahreswirtschaftsbericht "nur" auf ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent im laufenden Jahr setzt.

Tatsächlich dürfte die deutsche Wirtschaft 2015 stärker zulegen. Eine Wachstumsrate von zwei Prozent oder mehr im laufenden Jahr ist realistisch.

Mutig dagegen ist die Regierungsprognose für das Jahr 2016. Auch im kommenden Jahr, nimmt die Regierung an, hält die gute Konjunktur an. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und sein Chefökonom Jeromin Zettelmeyer erwarten ein Wachstum von 1,6 Prozent. Das ist gewagt. Denn mittelfristig sind die Risiken für die deutsche Wirtschaft durch die jüngste Entwicklung in der Euro-Zone erheblich gewachsen.

Die Euro-Krise könnte mit Wucht zurückkehren, wenn es den Regierungen nicht gelingt, einen von Griechenland befeuerten Siegeszug der Links- und Rechtspopulisten in den Euro-Staaten zu verhindern.

Die Griechenland-Politik der kommenden Wochen wird für die Regierungen zur Bewährungsprobe. Die neue Athener Regierung von Alexis Tsipras wird Zugeständnisse der Euro-Partner in irgendeiner Form erzwingen können, wenn auch nur sehr begrenzte. Diese Zugeständnisse dürfen keinesfalls so weit gehen, dass andere Länder, etwa Portugal, Italien oder Spanien, gleiche Vorteile für sich beanspruchen. Der Reformkurs in Europa darf nicht zurückgedreht werden. Andererseits darf die brüchige Koalition der Reformwilligen aber auch nicht platzen. Ein Drahtseilakt.

Die jüngste Entscheidung der Europäischen Zentralbank, die Märkte mit noch mehr billigem Geld zu fluten, könnten Preisblasen am Aktien- und Immobilienmarkt entstehen lassen. Wenn solche Blasen erst einmal entstanden sind, platzen sie in der Regel auch, gesunde Preisrückbildungen sind selten. Ein Börsen- oder Immobilienpreis-Crash freilich würde die gute deutsche Konjunktur ausbremsen.

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