Schlechte Industriedaten alarmieren Berlin Bundesregierung will Kurzarbeitergeld verlängern

Berlin · Der drastische Rückgang der Industrieproduktion im August hat die Bundesregierung aufgerüttelt. Sie will nun die maximale Bezugszeit für das Kurzarbeitergeld erneut von sechs auf zwölf Monate ausdehnen.

 Mit der Verlängerung des Kurzarbeitergelds reagiert die Bundesregierung auf schlechte Konjunkturdaten.

Mit der Verlängerung des Kurzarbeitergelds reagiert die Bundesregierung auf schlechte Konjunkturdaten.

Foto: dpa

Eine entsprechende Verordnung des Arbeitsministeriums werde derzeit vorbereitet, erfuhr unsere Redaktion aus Regierungskreisen. Bereits 2013 und 2014 konnten notleidende Betriebe das Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit für maximal zwölf Monate beantragen. Die Regelung für 2014 ist aber auf Ende des Jahres befristet. Es bedarf jetzt einer neuen Verordnung, um die gesetzlich eigentlich vorgesehene Bezugszeit von sechs Monaten auch wieder für das kommende Jahr auf zwölf Monate zu verdoppeln.

Die Verlängerung der Bezugszeit lässt sich als eine erste konjunkturpolitische Reaktion der Bundesregierung auf die schlechten Konjunkturdaten der vergangenen Wochen interpretieren. Die Industrieproduktion sank im August um vier Prozent gegenüber dem Vormonat und damit so stark wie seit dem Krisenjahr 2009 nicht mehr. Auch die Auftragseingänge sind zuletzt stark rückläufig gewesen. "Die konjunkturelle Dynamik in Deutschland ist zum Erliegen gekommen", sagte Ulrike Kastens, Expertin bei der Frankfurter Bank Sal. Oppenheim.

Die schwächere Konjunktur schlägt sich bereits in niedrigeren Wachstumsprognosen nieder. Der Internationale Währungsfonds (IWF) reduzierte seine Vorhersage für Deutschland deutlich um 0,5 Prozentpunkte im laufenden Jahr auf 1,4 Prozent. Für 2015 senkte der IWF seine Prognose um 0,2 Punkte auf 1,5 Prozent Wachstum. Auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute dürften ihre bisherige Vorhersage am morgigen Donnerstag spürbar um jeweils rund einen halben Prozentpunkt senken. Bisher hatten sie 1,9 Prozent für 2014 und 2,0 Prozent für 2015 vorausgesagt.

IWF: Eurozone verliert zunehmend an Dynamik

Auch für die Weltwirtschaft insgesamt hat der IWF seine Prognose auf 3,3 und 3,8 Prozent gesenkt, allerdings weniger stark als für Deutschland und Europa. Während die USA im Aufwärtstrend seien, verliere die Euro-Zone zunehmend Dynamik, unter anderem wegen der Ukraine-Krise. Vor allem Frankreich und Italien fielen weiter zurück, warnte der IWF. Deutschland riet er, seine öffentlichen Investitionen erheblich zu steigern — auch auf Pump.

Die Koalition hatte bereits eine Investitionsoffensive angekündigt, will dafür jedoch die Neuverschuldung nicht erhöhen. Sollte sich die Konjunktur aber weiter deutlich verschlechtern, will sich die SPD für die Verbesserung der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten von Unternehmensinvestitionen, die Erhöhung der so genannten degressiven Afa, stark machen. "Falls sich die wirtschaftliche Lage dramatisch schlechter entwickeln sollte als erwartet, wären verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten ein gutes Instrument, um privatwirtschaftliche Investitionen anzukurbeln", sagte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil.

Die Nullverschuldung im Bundeshaushalt 2015 habe "absoluten Vorrang", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer. "Sollten sich Spielräume abzeichnen, sind Veränderungen bei den Abschreibungsmöglichkeiten ein Thema, insbesondere bei der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung", sagte Pfeiffer.

(mar)
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